Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Gamification", 
  Author    = "Bendel, Prof. Dr. Oliver", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/informations-daten-und-wissensmanagement/wissensmanagement/lernprozesse/gamification/", 
  Note    = "[Online; Stand 20. April 2024]",
}

Gamification

Oliver Bendel


Gamification ist die Übertragung von spieltypischen Elementen und Vorgängen in spielfremde Zusammenhänge mit dem Ziel der Verhaltensänderung und Motivationssteigerung bei Anwenderinnen und Anwendern.

Begriff und Hintergrund

Gamification (von engl. “game”: “Spiel”) ist die Übertragung von spieltypischen Elementen und Vorgängen in spielfremde Zusammenhänge. Alternative Begriffe im deutschsprachigen Raum sind “Gamifizierung” und “Spielifizierung”. Der theoriegeleitete und systemorientierte Ansatz ist Gegenstand von Aus- und Weiterbildungen sowie von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Tagungen. Ein Ursprung liegt in der Verhaltenstherapie der 1960er-Jahre. Man belohnte die Probanden für ihr adäquates Verhalten mit Token (Tauschgegenständen). Weitere Vorläufer sind Rabattmarken, Sammelbilder und Bonusmeilen.

Ziele, Merkmale und Anwendungen

Ziele von Gamification sind Motivationssteigerung und Verhaltensänderung bei Anwenderinnen und Anwendern. Spieltypische Elemente, die in den spielfremden Kontext wandern, sind Beschreibungen (der Ziele, Beteiligten und Möglichkeiten), Regeln, Punkte, Abzeichen (Badges) und Ranglisten (Leaderboards). Zu den spieltypischen Vorgängen, die wiederaufgenommen werden, zählen die Bewältigung von Aufgaben durch individuelle oder kollaborative Leistungen, das Sammeln und Tauschen sowie Feedback.

Zunächst fand die Gamifizierung vor allem im Unterhaltungs-, Marketing- und Werbebereich statt. Inzwischen spielt sie auch eine Rolle bei Sport und Fitness (etwa im Zusammenhang mit Quantified Self, der Selbsterkundung und -vermessung), beim Motorrad- und Autofahren, bei betrieblichen Anwendungen – und in Lernumgebungen, wodurch eine Nähe zu Phänomenen wie Game-based Learning, Serious Games und Edutainment entsteht. Betroffen sind der Online- und der Offline-Bereich. Man kann fast überall Spieledesignprinzipien geltend machen.

In vielen Fällen werden Apps zur Gamifizierung benutzt. Sie belohnen einen fürs Joggen, Einnehmen von Medikamenten und Aufsammeln von Müll. Der Touchscreen erlaubt die bequeme Eingabe von Daten und die multimediale Darstellung von Informationen – aber es braucht ihn nicht unbedingt. Es genügen einfache Geräte, die Anzeige einer Zahl, das Aufleuchten einer Lampe oder das Erklingen eines Tons. In den Straßen werden an Signalisationseinrichtungen, die Ampeln nicht unähnlich sind, Smileys eingesetzt, die lachen, wenn man die Geschwindigkeit einhält, und traurig wirken, wenn man diese überschreitet.

Kritik und Ausblick

Das Internet der Dinge und Augmented Reality bieten Gamification zahlreiche Anwendungs- und Ausbreitungsmöglichkeiten. Online- und Offline-Bereich wachsen weiter zusammen und werden im Sinne des Ansatzes verändert. Neben dem Smartphone entwickeln Smartwatch und Datenbrille eine besondere Bedeutung in diesem Bereich. Der Erfolg der Maßnahmen ist stark von der Einstellung der Kunden und Benutzer und deren Affinität zu Spielen abhängig. Zudem ist es zentral, dass die Elemente und Vorgänge professionell, wirksam und stimmig umgesetzt sind. Es sind Entwickler gefragt, die etwas von spieltypischen Elementen und Prozessen verstehen, die sich mit spielfremden Zusammenhängen auskennen und wissen, wann etwas angereichert und umgebaut werden kann und wann nicht, namentlich Spielexperten, Computerspielentwickler, User Experience Designer, Grafikdesigner, Ingenieure, Informatiker und E-Learning-Spezialisten wie Instructional Designer. Wirtschaftsinformatiker gehören zu den Generalisten, die sich verschiedenenorts einbringen und die technischen Anwendungen mit ökonomischen Szenarien verbinden können. Bei aller Begeisterung werden zunehmend kritische Aspekte gesehen, auch jenseits von Datenschutz und Persönlichkeitsrecht. Spielifizierung könnte zu einer Gewöhnung an das Spielerische führen und die Motivation in traditionellen Bereichen weiter senken. Insofern könnte bisweilen eine Entspielifizierung notwendig sein, eine Herausnahme von einzelnen Elementen und ein Rückbau von bestimmten Vorgängen bis hin zur Umsetzung eines klassischen Konzepts.


Literatur

Bendel, Oliver: Schluss mit lustig. In: Netzwoche, 16 (2013). S. 40 – 41.

Stampfl, Nora S.: Die verspielte Gesellschaft: Gamification oder Leben im Zeitalter des Computerspiels. dpunkt.verlag : Heidelberg 2012

 

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