Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Lernprozesse", 
  Author    = "Ehlers, Prof. Dr. Ulf-DanielAdelsberger, Prof. Dr. Heimo", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/informations-daten-und-wissensmanagement/wissensmanagement/lernprozesse/", 
  Note    = "[Online; Stand 19. April 2024]",
}

Lernprozesse

Ulf-Daniel EhlersHeimo Adelsberger


Lernen findet in Lernprozessen statt. Dabei wird der Prozess des Lernens als der Weg verstanden, auf dem Lernerfahrungen gemacht werden. Diese können eher praktisch oder theoretisch, beispiel- oder szenarioorientiert, induktiv oder deduktiv sein, um nur einige mögliche Lernprozessverläufe zu nennen. Was ein Lernprozess ist, ist daher in hohem Maße davon abhängig, wie Lernen verstanden wird. Die pädagogische Debatte ist von unterschiedlichen Verständnissen darüber gekennzeichnet, was Lernen ist und wie es sich vollzieht. Sie wurden von unterschiedlichen Vertretern zu unterschiedlichen Zeitpunkten geprägt und vertreten.

Unterschiedliche Lernverständnisse 

Wird Lernen bspw. – wie im Behaviorismus – als ein Stimulus-Response Prozess mit positiver Verstärkung im Erfolgsfall verstanden, so ist zumeist ein Transfer von Lerninhalten mit dem Ziel der exakten Reproduktion von Inhalten das Ziel. (Zur Vertiefung [Watson 1968]; Watson wird als Begründer des Behaviorismus gesehen). In kognitivistischer Tradition spielt die Gestaltung der Denk- und Verstehensprozesse der Lernenden eine zentrale Rolle. Der Lernende wird als Individuum begriffen, das äußere Reize aktiv und selbständig verarbeitet und nicht einfach von extern steuerbar ist. Mit dem Kognitivismus wird auch eine stärkere Betonung des entdeckenden Lernens verbunden. Während das grundlegende Prinzip bereits alt ist, wurde die Theorie des entdeckenden Lernens in den 60er Jahren prominent von Bruner neu aufgegriffen [Bruner 1973].

Eine konstruktivistische Sichtweise versteht den Lernprozess als Prozess der subjektiven Bedeutungskonstruktion von Wirklichkeit. Dabei bezeichnet der Begriff keine einheitliche Auffassung von Wissenschaft; allen konstruktivistischen Positionen ist jedoch gemeinsam, dass die vermeintlich objektive Wirklichkeit immer eine subjektiv konstruierte und interpretierte Wirklichkeit ist, die durch einen gemeinsamen Prozess der Kommunikation Verbindlichkeit gewinnt. Wegbereiter des Konstruktivismus waren im Wesentlichen österreichische Emigranten: Paul Watzlawick, Heinz von Foerster, Ernst von Glasersfeld und chilenische Neuro-Biologen: Humberto Maturana, Francisco Varela. Watzlawick beschreibt das Aneignen von Wissen als subjektiven Prozess:

Was wir wissen, gilt im allgemeinen für das Ergebnis unserer Erforschung der Wirklichkeit. Von dieser Wirklichkeit nimmt der gesunde Menschenverstand nämlich an, daß sie gefunden werden kann. (…)

Wie wir wissen, ist ein bereits viel schwierigeres Problem. Um es zu erforschen, muß der Verstand aus sich heraustreten und sich selbst sozusagen bei der Arbeit beobachten. Hier haben wir es also nicht mehr mit scheinbaren Tatsachen zu tun, die unabhängig von uns in der Außenwelt bestehen, sondern mit geistigen Prozessen, von denen es nicht mehr fraglos feststeht, wie sie verlaufen. (…)

Wenn nämlich das Was des Wissens vom betreffenden Erkenntnisvorgang, dem Wie, bestimmt wird, dann hängt unser Bild der Wirklichkeit nicht mehr nur davon ab, was außerhalb von uns der Fall ist, sondern unvermeidlich auch davon, wie wir dieses Was erfassen.“ [Watzlawick 1998].

Lernprozesse in E-Learning-Umgebungen können die aktive Konstruktion von Wissensinhalten und Bedeutungen unterstützen, wenn sie auf den Lernenden abgestimmt sind und eine aktive Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen fördern. Während Lernprozesse in E-Learning-Umgebungen zunächst als oberflächlich kritisiert wurden, häufen sich in jüngster Zeit Hinweise darauf, dass eine aktive Kompetenzentwicklung durch E-Learning möglich ist [Ehlers, Schneckenberg 2008].


Literatur

Bruner, Jerome S.: Der Akt der Entdeckung. In: Neber, Heinz: Entdeckendes Lernen. Weinheim : Beltz, 1973.

Edelmann, Walter: Lernpsychologie. Weinheim, Basel : BeltzPVU, 1996.

Ehlers, Ulf D. ; Schneckenberg, Dirk: Webucating the Reflective Practitioner. Towards Competence Development in E-Learning. Konferenzpublikation für “Changing Faces of Learning“, Swiss Center for Innovation and Learning. St. Gallen, 2008.

Watson, John B.: Behaviorismus. Köln : Kiepenheuer & Witsch, 1968

Watzlawick, Paul: Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben? Beiträge zum Konstruktivismus. 10. Aufl., München: Piper Verlag, 1998, S.9.

 

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