Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Web 2.0", 
  Author    = "Lackes, Prof. Dr. RichardSiepermann, Prof. Dr. Habil. Markus", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/technologische-und-methodische-grundlagen/rechnernetze-und-kommunikationssysteme/internet/web-2-0/", 
  Note    = "[Online; Stand 23. November 2024]",
}

Web 2.0

Das Web 2.0 fokussiert auf die Beteiligung der Nutzer bei der Erstellung von Internetinhalten und somit auf die Erschließung der kollektiven Intelligenz der Masse. Das Web mutiert dabei zu einer Plattform, bei der statt Software die Datenbestände im Vordergrund stehen.

Web 2.0 als Weiterentwicklung des Internets

Unter Web 2.0 wird eine Evolutionsstufe hinsichtlich des Angebotes und der Nutzung des World Wide Web verstanden, bei der nicht mehr die reine Verbreitung von Informationen durch Websitebetreiber, sondern die Beteiligung der Nutzer am Web und die Generierung weiteren Zusatznutzens im Vordergrund steht. Web 2.0 umfasst dabei keine grundlegend neue Art von Technologien oder Anwendungen, sondern stellt vielmehr eine konsequente Nutzung und Weiterentwicklung der Möglichkeiten dar, die das Internet bietet. [vgl. Laningham/Berners-Lee 2006] Bekannt geworden ist der Begriff Web 2.0 durch einen Aufsatz von Tim O’Reilly in 2005. [vgl. O’Reilly 2005] In diesem arbeitet O’Reilly sieben Prinzipien heraus, die kennzeichnend für Web 2.0 sind:

  1. Das Web als Plattform

  2. Die Nutzung der Kollektiven Intelligenz

  3. Daten als nächstes Intel Inside

  4. Das Ende des Software-Lebenszyklus

  5. Lightweight Programmiermodelle

  6. Software über Gerätegrenzen hinaus

  7. Reichhaltige Nutzererfahrung

Für Web 2.0 ist vor allem von Bedeutung, dass das Web nicht als reines Informationsangebot angesehen wird, sondern als produktiv nutzbare Plattform. Ermöglicht wird dies durch die immer einfacher gewordene Nutzung von Web-Benutzeroberflächen und die Unabhängigkeit der Webanwendungen von den hard- und softwaretechnischen Gegebenheiten. Im Web 2.0 finden weniger Softwarepakete im klassischen Sinne Anwendung, sondern vielmehr kleinere Dienste (Web-Services), die sich aufgrund des durch die grundlegenden Eigenschaften des WWW verfügbaren und für alle sichtbaren Sourcecodes leicht weiternutzen, ausbauen und rekombinieren lassen können (sog. Mash-Ups). Somit stehen nicht mehr die Softwareanwendungen im Vordergrund, sondern vielmehr die Datenbestände, die von den einzelnen Diensten angeboten und genutzt werden. Durch die Nutzbarmachung der sogenannten kollektiven Intelligenz, also des Wissens der gesamten Masse der Nutzer, [vgl. hierzu Surowiecki 2004] werden diese Datenbestände ständig um Daten erweitert, mit zusätzlichen Informationen angereichert und dieses Wissen der Allgemeinheit erst zugänglich gemacht. Die geänderte Nutzung des WWW äußert sich demnach vor allem darin, dass die Erstellung der Inhalte einer Website oder Teile davon nicht mehr allein durch den Betreiber erfolgt, der den Nutzern ausgewählte Informationen für den reinen Konsum zur Verfügung stellt, sondern dass sich Internetnutzer auch an der Erstellung der Inhalte beteiligen. Aus der ursprünglich eher passiven Nutzung des Internets wird so zusätzlich eine aktive Beteiligung und Mitgestaltung der weltweit verfügbaren Informationsbestände. Ermöglicht wurde diese Mitgestalterrolle der Internetnutzer vor allem durch die Bereitstellung entsprechender Tools auf redaktionellem Gebiet, sodass nicht mehr zwingend spezifische Fachkenntnisse in Auszeichnungssprachen (z.B. HTML, XML), Skriptsprachen(z.B. PHP, JSP) und Datenbanksprachen erforderlich sind, um aktiv Inhalte für Webseiten zu produzieren. [vgl. O’Reilly 2005]

Nutzerbeteiligung

Selbstverständlich gehört zu einer erfolgreichen Web 2.0-Applikation auch das Bedürfnis und die Bereitschaft der Internetnutzer, eigene Erfahrungen und Kenntnisse in die Informationswelt des WWW einzubringen. Die Motivation für diese zunehmende Partizipation fußt neben der Erkenntnis, dass das Internet zu einem sehr bedeutsamen und einflussreichen Medium für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen geworden ist, auch auf der Möglichkeit, sich relativ leicht in einer virtuellen Gemeinschaft profilieren und Selbstbestätigung und soziale Anerkennung gewinnen zu können. In diesem Zusammenhang wird auch häufig von einer „Demokratisierung“ des Netzes gesprochen, die sich aus der unmittelbaren Partizipation der Nutzer ergeben soll. Während also zu Beginn des WWW die Betreiber von Websites die Inhalte allein bestimmten, hat sich ihre Rolle im Web2.0 insoweit gewandelt, als dass sie in erster Linie für die Bereitstellung einer für die interaktive und kollaborative Nutzung geeigneten Plattform sowie die Administration zuständig sind. Die Seiten werden durch die intensive Nutzerbeteiligung kontinuierlich aktualisiert und hierdurch dynamischer und flexibler. Der Erfolg der vom Betreiber zur Verfügung gestellten Plattform zeigt sich an der Intensität seiner Nutzung, die im allgemeinen mit der Qualität der Inhalte bzw. dem „Kundennutzen“ korreliert.

Kollaboration

Die mit dem Web 2.0 verbundene, in sozio-technischer Hinsicht veränderte Internetnutzung benötigt selbstverständlich auch Werkzeuge und Verfahren für ein kollaboratives Arbeiten an Inhalten, für Diskussionen zu strittigen Inhalten sowie für Kontrollfunktionen und Entscheidungen. Als Basis haben sich Wikis etabliert, die jedem Benutzer ermöglichen, Beiträge zu verfassen, zu editieren oder zu löschen. Durch die kollektive Zusammenarbeit ergibt sich automatisch ein mächtiges Kontrollinstrument, das i.d.R. allein durch die große Anzahl an Nutzern falsche Informationen oder Missbrauch des Dienstes erschwert oder nahezu unmöglich macht.

Crowd Sourcing

In diesem Zusammenhang wird vielfach von Crowd Sourcing gesprochen: Eine zu bewältigende Aufgabe wird auf die Arbeitskraft einer Masse freiwilliger und kostenlos arbeitender Anwender verlagert. Als Beispiel für die Abgrenzung und Entwicklung des Web 1.0 zum Web 2.0 wird häufig der Vergleich zwischen den Lexika Britannica Online als Web 1.0-Anwendung und Wikipedia als Web 2.0-Anwendung angeführt. Während das Web 1.0-Lexikon von wenigen, sorgfältig ausgewählten Fachexperten erstellt wurde, entstand die Online-Enzyklopädie Wikipedia als typisches Produkt des Web2.0 aus den Beiträgen vieler, beliebiger, nicht zuvor geprüfter Internetnutzer. Die kollaborative Erstellung der Enzyklopädie, die durch das einfache Erstellen, Editieren und Bearbeiten ermöglicht wurde, gehört zu einer der erfolgreichsten Anwendungen des Web 2.0. Auftretende Fehler und Schwächen werden hier, wie oben beschrieben, durch die kollektive Kontrollinstanz der gesamten Nutzergemeinde entdeckt und behoben. Das fehlerhafte Ändern oder der Missbrauch eines Beitrages zu Werbezwecken wird nahezu umgehend durch das Kollektiv rückgängig gemacht. Insofern ist die Aussage verständlich, dass die Nutzung der kollektiven Intelligenz der Internetnutzer ein wesentlicher Aspekt des Web 2.0 ist.

Blog

Zur Abgrenzung von Web 1.0 und 2.0 wird als weiteres Beispiel der Vergleich zwischen einer persönlichen Homepage und einem Blog (Abkürzung für Web Log) angeführt. Blogging stellt dabei eines der am häufigsten genannten Features des Web 2.0 dar. Während persönliche Homepages eine Art Visitenkarte des Betreibers darstellen, sind Blogs ständig aktualisierte und kommentierte Tagebuchbeiträge, die sich dadurch von herkömmlichen Homepages unterscheiden, dass sie mittels der RSS-Technologie (RSS 0.9x: Rich Site Summary; RSS0.9 und 1.0: RDF Site Summary; RSS 2.0: Really Simple Syndication) abonniert werden können. Das heißt, ein entsprechender Dienst schaut in regelmäßigen Abständen, ob der Blog aktualisiert wurde und zeigt dem Abonnenten jeden neuen Eintrag an. Über Permalinks (Abkürzung für Permanent Links), die im Gegensatz zu den vielfach üblichen, sich ändernden Links im Internet dauerhaft und unveränderlich sein sollen, und durch Trackbacks, mit deren Hilfe überwacht werden kann, wer einen Beitrag verlinkt oder kommentiert, können Verweise auf spezielle Beiträge anderer Seiten gesetzt und somit intensive Diskussionen geführt werden. Mit der raschen Verbreitung von Blogs zu unterschiedlichsten Themengebieten und der Tendenz von Blogs bzw. Blog-Betreibern zu einer starken Vernetzung kristallisieren sich schnell die Allgemeinheit interessierende Themen heraus, deren Interessantheit am Vernetzungsgrad abgelesen und somit von Suchmaschinen zur Verbesserung ihrer Suchergebnisse genutzt werden kann. Auch wenn Blogs, bei denen der Nutzer bzw. Leser selbst zum Redakteur werden kann, oftmals als Konkurrenz zu klassischen Kommunikationsmedien gesehen werden, die zentral organisiert sind und redaktionell gefilterte Beiträge publizieren, spiegeln sie doch eher die subjektiv gefärbte Meinung des Volkes wider, als dass sie gezielt objektive Informationen verbreiten.

Weitere die „Weisheit des Volkes“ nutzende Anwendungen des Web 2.0 sind

  • Social Tagging

  • Social Bookmarks

  • Mash-Ups

Social Tagging

Unter Social Tagging versteht man die Zuordnung von Schlagwörtern (Tags) zu einzelnen Informationsobjekten (Texte, Bilder, Videos etc.) durch eine größere Gruppe von Nutzern, ohne dass hierfür genaue Regeln oder ein feststehendes Vokabular spezifiziert werden müssen. Hierarchiefrei und ohne wertende Instanz können so die Assoziationsfähigkeiten einer breiten Masse von Anwendern genutzt werden. Auch wenn einzelne Tags unpassend oder sogar als kritisch einzustufen sind, führt das Tagging zahlreicher Nutzer zu einer sinnvollen, intuitiven und qualitativ hochwertigen Verschlagwortung, die eine gute inhaltliche Erschließung der Informationsobjekte und eine Verbesserung von Suchergebnissen ermöglichen. Das Ergebnis des Social Tagging ist eine Folksonomy, die aus den gesamten vergebenen Tags besteht und zumeist in einer Tag Cloud dargestellt wird. Diese stellt die Tags der Folksonomy gemäß ihrer Bedeutung in unterschiedlichen Schriftgrößen dar, sodass die relevantesten Begriffe im Vordergrund stehen. Durch das Taggen von Informationsobjekten können Beziehungen zwischen den einzelnen Objekten hergestellt werden, die vorher zwar vorhanden, aber nicht offensichtlich gewesen sind.

Social Bookmarking

Social Bookmarking ist eine auf Hyperlinks beschränkte Form des Social Tagging. Hierbei werden die Lesezeichen von Nutzern (halb)öffentlich in einer gemeinschaftlichen Bookmark-Sammlung archiviert und können von den Nutzern ohne Beschränkung mit Tags zu verschiedenen Themengebieten versehen, bewertet oder kommentiert werden. Hierdurch werden zu den einzelnen Lesezeichen Zusatzinformationen generiert, die wiederum bei einer Internetrecherche gezielt ausgewertet werden und zu besseren Suchergebnissen führen können. Bekannte Plattformen des Social Bookmarking sind z.B. del.icio.us, Furl oder Mr. Wong.

Mash-Up

Bei Mash-Ups handelt es sich um die Kombination vorhandener Dienste im Internet, durch die ein weiterer Mehrwert geschaffen wird. Hierbei werden die unterschiedlichen Datenbestände zweier Dienste zusammengebracht, um so Zusatzinformationen zu generieren, wie z.B. housingmaps.com, welches Google Maps mit dem Immobilienmarkt von Craigslist verbindet. Ermöglicht wird dies durch mehr oder weniger offenliegenden Schnittstellen.

Ajax

Verwendbar wurden viele Anwendungen des Web 2.0 erst dadurch, dass sich die Usability von Internetanwendungen an die klassischer Desktopanwendungen angeglichen hat und Nutzer nicht mehr nach jedem Klick auf einen Neuaufbau des Bildschirms warten müssen. Ermöglicht wurde das durch den Einsatz moderner Techniken, vor allem durch Ajax (Asynchronous JavaScript and XML). Die Ajax-Technik betrifft die asynchrone Übertragung von Daten zwischen Client und Server. Sie entkoppelt die Benutzereingaben von den Anfragen an den Server, indem zwischen Benutzeroberfläche und Server eine weitere Softwareschicht eingeführt wird. Diese Schicht erlaubt das sukzessive, an der Nutzlast bzw. am Bedarf orientierte Nachladen von Teilen der HTML-Seite, indem Benutzereingaben asynchron an den Server weitergereicht werden und dessen Antworten wiederum asynchron zu einer partiellen Aktualisierung der Benutzeroberfläche führen. Der Hauptvorteil besteht darin, dass nicht bei jeder Benutzereingabe wiederholt der gesamte Oberflächeninhalt übertragen werden muss und sich die Übertragung ausschließlich auf die wirklich benötigten Daten beschränkt. Statt zusätzlicher Plugins wie Flash oder Java ist ausschließlich das standardmäßig in Browsern aktivierte JavaScript notwendig.


Literatur

Laningham,r Scott; Berners-Lee, Tim: developerWorks Interviews: Tim Berners-Lee vomr 28.7.2006. Quelle:r http://www-128.ibm.com/developerworks/podcast/dwi/cm-int082206.txt

O’Reilly,r Tim: What Is Web 2.0 – Design Patterns and Business Models for the Nextr Generation of Software. Quelle:r http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web-20.html

Surowiecki, James: The Wisdom of Crowds – Why the Many are smarter than the Few and How Collective Wisdom shapes Business, Economies, Societies, and Nations. New York 2004

 

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