Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "OSS 2.0", 
  Author    = "", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/uebergreifender-teil/kontext-und-grundlagen/markt/open-source-software/oss-2-0/", 
  Note    = "[Online; Stand 28. March 2024]",
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OSS 2.0

Markus Nüttgens


Der Begriff Open-Source-Software (OSS) 2.0 beschreibt die zunehmende Integration von OSS in den Prozess der kommerziellen Softwareentwicklung durch Veränderung des Entwicklungsprozesses, Ausbreitung auf weitere Produktdomänen, zusätzliche Geschäftsmodelle und neu eingeführte Lizenzmodelle.

Begrifflichkeit

Die verbreitete Charakterisierung der Open-Source-Software (OSS)-Entwicklergemeinde als ein Kollektiv von talentierten Hackern, die zur reinen Selbstverwirklichung freie Software entwickeln, gilt mittlerweile als veraltet [Fitzgerald 2006, Dibona et al. 2005]. Aktuelle Studien zeigen, dass mehr als 40% des Quellcodes der auf Sourceforge gehosteten OS-Projekte von bezahlten Entwicklern beigesteuert wird; im OpenOffice-Projekt sind es sogar mehr als 90%.

OSS 2.0 unterscheidet sich von dem traditionellen OS-Verständnis in folgenden Punkten [Fitzgerald 2006]:

  • Softwareentwicklung: OSS wird zunehmend gezielt entwickelt, um einen ökonomischen Wettbewerbsvorteil zu erreichen. Dies setzt eine gründlichere Planungsphase und einen koordinierten Entwicklungsprozess voraus. Zur Durchsetzung von Interessen gibt es einen Trend zum Einsatz bezahlter Entwickler in OS-Projekten.

  • Produkt-Domänen: Weitere Domänenbereiche auf der vertikalen Ebene werden integriert, so dass OSS nicht mehr nur im Infrastruktur-, sondern auch im unmittelbaren Endanwenderbereich eingesetzt wird.

  • Geschäftsmodelle: Es entstehen differenziertere Geschäftsmodelle, die Unternehmen mit kommerziellem Interesse die Zusammenarbeit mit OSS-Entwicklergemeinden ermöglichen.

  • Produktsupport: Im Gegensatz zu OSS der ersten Generation wird der Support professionalisiert und dem Kunden als kostenpflichtige Dienstleistung angeboten.

  • Lizensierung: Die traditionellen reziproken Lizenzen werden um eine große Bandbreite weiterer Lizenzmodelle erweitert, die die neu entstandenen Geschäftsmodelle abbilden.

Geschäftsmodelle

Mit Bezug zur kommerziellen Nutzung lassen sich folgende Geschäftsmodelle im OS-Kontext unterscheiden [Weber 2004, S. 195 ff.; Leiteritz 2004]:

  • Support seller: Zusammenstellung und Distribution von OSS inklusive technischem Support als Dienstleistung. Zudem Beratung und Durchführung von Anpassungen für den Kunden.

  • Loss leader: Vergrößerung des Marktes für eine kommerzielle Software durch Entwicklung und Verbreitung einer komplementären OSS-Lösung. Wird auch von Hardware-Herstellern angewandt, um durch passende freie Software die Nachfrage nach den vertriebenen Hardware-Produkten zu erhöhen (vgl. Appliance-Hersteller).

  • Appliance-Hersteller: Entwicklung und Vertrieb von Hard-/Software-Kombinationen unter Einbeziehung von OSS (z.B. Set-top-Boxen, Thin clients).

  • Sell it, free it: Vorgang der Offenlegung einer bisher kommerziell vermarkteten Software, in der Regel um die Nachfrage nach einem Folgeprodukt zu erhöhen (vgl. Loss leader).

  • Accessorizing: Vertrieb von Zubehör für die Nutzung von OSS, z.B. Fachbücher und Bedienungsanleitungen.

  • Branding: Aufbau einer Marke für OSS, für die der Kunde eine Zahlungsbereitschaft entwickelt – der Code kann kopiert werden, die Marke nicht (z.B. RedHat-Linux).

  • Mediatoren: Vereinigung verschiedener Interessensgruppen (Entwickler, Nutzer, Dienstleister, Werbetreibende) im OS-Kontext über einen Marktplatz bzw. eine Infrastruktur (z.B. SourceForge).


Literatur

DiBona, Chris; Cooper, Danese; Stone, Mark (Hrsg.): Open Sources 2.0: the continuing evolution. Beijing et al.: O’Reilly, 2005.

Fitzgerald, Brian: The Transformation of Open Source Software. Management Information Systems Quarterly 30(2006), No. 2.

Leiteritz, Raphael: Open Source-Geschäftsmodelle. In: Lutterbeck, B.; Gehring, R.A. (Hrsg.): Open Source Jahrbuch 2004 – Zwischen Softwareentwicklung und Gesellschaftsmodell. Berlin : Lehmanns Media, 2004.

Weber, Steven: The success of open source. Cambridge, Mass. et al.: Harvard Univ. Press, 2004

 

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