Peter Buxmann (unter Mitarbeit von Thorsten Frey, Alexander Schütz)
In Bereichen, in denen eine größere Anzahl von Anwendern ähnliche Anforderungen an die Unterstützung ihrer Prozesse durch Software stellt, bietet der Einsatz von Standardsoftware eine Alternative zur Entwicklung bzw. zum Erwerb von Individualsoftware. Seit dem Anfang der siebziger Jahre hat sich ein großer Markt für Standardsoftware etabliert, der heute mit neuen Anforderungen konfrontiert ist.
Anbieter von Standardsoftware entwickeln ihre Lösungen für den Massenmarkt, d. h. für eine Gruppe von Anwendern mit ähnlichen Anforderungen. Dabei liegen für Standardsoftwarehersteller grundsätzlich andere Kosten- und Einnahmenstrukturen vor als für Hersteller von Individualsoftware. So fallen für Konzeption und Entwicklung einer Standardsoftwarelösung in der Regel hohe Entwicklungskosten an, während die reine Reproduktion der Software relativ geringe Kosten verursacht. Dadurch ergeben sich für die Anbieter von Standardsoftware starke Skaleneffekte, die die Erreichung eines möglichst großen Marktanteils erstrebenswert machen. Da auf Standardsoftwaremärkten Netzeffekte existieren, kommt der großen Verbreitung einer Software eine bedeutende Rolle zu. Diese Netzeffekte führen häufig zu so genannten „Winner-takes-it-all“-Märkten. Ein vieldiskutiertes Beispiel ist die Vormachtstellung von Microsoft auf dem Markt für Betriebssysteme und Office-Anwendungen.
Neben Lizenzeinnahmen erzielen insbesondere die Anbieter betriebswirtschaftlicher Standardsoftware in zunehmendem Maße Erlöse mit Dienstleistungen, etwa in den Bereichen Beratung, Implementierung und Wartung. Während Beratungsdienstleistungen meistens nach Beratertagen (und gelegentlich auch erfolgsabhängig) abgerechnet werden, sehen die Erlösmodelle für den Bereich Wartungsservices in der Regel vor, dass der Anwender jährlich einen Prozentsatz der Lizenzgebühren an den Softwareanbieter zahlt. Dieser Prozentsatz variiert von Anbieter zu Anbieter – eine typische Größe liegt bei ca. 20 Prozent pro Jahr. Damit wird unmittelbar deutlich, von welcher Bedeutung diese Erlösquelle für die Softwareanbieter ist: Wenn man bedenkt, dass beispielsweise ERP-Systeme oft zehn Jahre und länger genutzt werden, bevor sie durch eine neue Version oder – seltener – durch ein Alternativprodukt ersetzt werden, zeigt sich zum einen, dass die Wartungserlöse die Lizenzerlöse in der Regel übersteigen (dies gilt auch nach Diskontierung der Erlöse). Zum anderen ergibt sich aus diesem Geschäftsmodell auch, dass Wartungserlöse relativ konstant über den Zeitverlauf anfallen und – im Gegensatz zu den Lizenzeinnahmen – eine relativ gut planbare Erlösquelle für die Softwareanbieter darstellen [Buxmann et al. 2014].
Neben reinen Softwareanbietern existieren ebenfalls Unternehmen, die das Angebot von Hardware mit dem Angebot von Software bündeln. Als Beispiel sei hier IBM genannt. Des Weiteren generieren einige Unternehmen einen Großteil ihres Umsatzes mit Beratungsleistung im Rahmen von Standardsoftwareeinführungen. Dadurch lassen sich die Anbieter von Standardsoftware nicht trennscharf von Anbietern komplementärer Güter und Dienstleistungen abgrenzen. Bei einer durch das Marktforschungsunternehmen Lünendonk regelmäßig durchgeführten Erhebung der größten Standardsoftware-Unternehmen in Deutschland wird deshalb beispielsweise als Abgrenzungskriterium angeführt, dass die gelisteten Unternehmen mehr als 60 Prozent des Umsatzes mit der Produktion, dem Vertrieb und der Wartung von Standardsoftware erwirtschaften müssen [Lünendonk 2014].
Eine aktuelle Entwicklung auf dem Markt für Standardsoftware ergibt sich durch Angebote, bei denen Standardsoftware nicht auf Rechnern des Kunden installiert, sondern vom Softwareanbieter über definierte Schnittstellen bereitgestellt wird. Dadurch entfällt für den Kunden u. a. die Notwendigkeit, zusätzliche Hardwarekomponenten zu beschaffen und neue Releases einzuspielen. Derartige Angebote werden als „Software as a Service“ (SaaS) bezeichnet. Aus Anbieterperspektive ergeben sich wesentliche Unterschiede im Vergleich zum klassischen Vertrieb von Standardsoftware dadurch, dass auch die notwendigen Ressourcen zum Betrieb der Software vorgehalten werden müssen. Gleichzeitig werden für Software as a Service-Angebote in der Regel neuartige Preismodelle eingesetzt, die nicht auf dem Verkauf von Lizenzen und der Erhebung von Wartungsgebühren, sondern auf Nutzungsgebühren beruhen.
Literatur
Buxmann, P; Diefenbach, H.; Hess, T.: Die Softwareindustrie. Ökonomische Prinzipien, Strategien, Perspektiven. 3. Auflage. Berlin u. a.: Springer 2014.
Lünendonk GmbH: TOP 10 der deutschen Standard-Software-Unternehmen 2013, Stand 05.08.2014, http://luenendonk-shop.de/out/pictures/0/lue_piliste_software_2014_f050814_fl.pdf (Abruf 14.08.2014).