Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Verwaltungsinformatik", 
  Author    = "", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/uebergreifender-teil/disziplinen-der-wi/verwaltungsinformatik/", 
  Note    = "[Online; Stand 6. December 2024]",
}

Verwaltungsinformatik

Maria A. Wimmer


Verwaltungsinformatik fokussiert eine intensive Nutzung von IKT in Verwaltung und Politik (ähnlich der Wirtschaftsinformatik im kommerziellen Sektor). Die Verwaltungsinformatik nutzt Methoden und Konzepte aus verschiedenen Wissenschaften, passt diese entsprechend den Rahmenbedingungen des öffentlichen Sektors an und stellt eigene Methoden bereit.

Verwaltungsinformatik wurde im deutschen Sprachraum in den 1970er Jahren etabliert. In einem 1992 erschienenen Buch zur Begriffsabklärung für Verwaltungsinformatik, Einbettung in das Forschungsfeld sowie Abgrenzung zu anderen Wissenschaften [Bonin 1992a] definiert Kaack Verwaltungsinformatik als eine “Wissenschaft der Informationstechnik-gestützten Gestaltung von Verwaltungshandeln” [Kaack 1992, S. 31].

Die Verwaltungsinformatik ist wie in Abbildung 1 dargestellt ein interdisziplinäres Forschungsfeld, in dem Konzepte und Methoden aus einzelnen Grundlagendisziplinen zusammenfließen und auf die spezifischen Bedürfnisse des öffentlichen Sektors angepasst werden [Bonin 1992b, Wimmer 2007].

wimmer_verwaltungsinformatik.png

Abb. 1: Verwaltungsinformatik als Schnittpunkt verschiedener Disziplinen

Durch das Internet sind im Kontext der Verwaltungsinformatik Schlagworte wie E-Government, E-Governance, E-Democracy, E-Participation, E-Voting, E-Justice etc. entstanden. E-Government im weiteren Sinn wird synonym für Verwaltungsinformatik als Forschungsdisziplin verstanden (vgl. Definition E-Government im Memorandum für E-Government der Gesellschaft für Informatik [GI, ITG 2000]. E-Government im engeren Sinn ist das Anwendungsgebiet der IKT auf den Verwaltungsbereich (d.h. Leistungs- und Aufgabenerfüllung). E-Democracy, E-Voting und E-Participation fokussieren Forschung und Anwendung der IKT im Bereich Willensbildung und Entscheidungsfindung. E-Governance (auch Good Governance) deckt einen Teil des dritten nachfolgend dargestellten Aufgabenbereichs ab.

Durch die Multidisziplinarität der Verwaltungsinformatik ergibt sich ein vielfältiges Spektrum an Forschungsfragen entlang dreier Aufgabenbereiche des Staates [vgl. Lenk, Traunmüller 1999]:

  • Willensbildung und Entscheidungsfindung (Policy Formulation): Wie kann IKT politische Prozesse transparenter und nachvollziehbarer machen, Bürgern effektivere Beteiligung einräumen sowie der Politik Instrumente bieten, um besser informierte Entscheidungen zu treffen?

  • Leistungserstellung und Aufgabenerfüllung (Policy Implementation): Wie kann IKT Verwaltungsaufgaben effektiver und effizienter gestalten? Wie kann organisationsübergreifende Zusammenarbeit zur besseren Leistungserstellung organisatorisch, technisch und rechtlich gestaltet werden?

  • Beobachtung, Steuerung, Wirkung und Management (Beobachtungs- und Governancefunktion): Wie können mittels IKT die zur Willensbildung und Leistungserstellung erforderlichen Hintergrundinformationen und Basisdaten effektiv und effizient gesammelt, verdichtet und ausgewertet werden? Wie können Wirkungszusammenhänge und Technikfolgen – Schlagwort “Digitale Spaltung” – erkannt, analysiert und ausgewertet werden?

Die Verwaltungsinformatik entwickelt für den öffentlichen Sektor innovative informationstechnische und organisatorische Konzepte und Lösungen, z.B. für:

Nicht zuletzt durch die Etablierung des Web 2.0 und erster Ansätze eines Web 3.0 haben sich in den vergangenen Jahren die einzelnen Themengebiete E-Government, E-Participation und Good Governance zu einem neuen Schlagwort “Open Government” entwickelt. Open Government vereint die Ansätze der IKT-Nutzung aus E-Government, E-Participation und Good Governance. Es steht für die Nutzung von innovativen Technologien, um Prinzipien wie Offenheit, Transparenz und Partizipation umzusetzen [vgl. Wimmer 2011].


Literatur

Bonin, Hinrich E.G. (Hrsg.): Verwaltungsinformatik – Konturen einer Disziplin. Mannheim et al. : BI Wissenschaftsverlag, 1992a.

Bonin, Hinrich E.G.: Unscharfes Bild der Disziplin Verwaltungsinformatik. In: Bonin, Hinrich E.G.(Hrsg.): Verwaltungsinformatik – Konturen einer Disziplin. Mannheim et al. : BI Wissenschaftsverlag, 1992b, S. 9-15.

Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), Informationstechnische Gesellschaft im VDE (ITG): Electronic Government als Schlüssel zur Modernisierung von Staat und Verwaltung. Ein Memorandum des Fachausschusses Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik e.V. und des Fachbereichs 1 der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE. Bonn, Frankfurt, 2000.

Kaack, Heino: Verwaltungsinformatik als anwendungsspezifische Informatik. In Hinrich E.G. Bonin (Hrsg): Verwaltungsinformatik – Konturen einer Disziplin. Mannheim et al. : BI Wissenschaftsverlag, 1992, S. 25–35.

Lenk, Klaus; Traunmüller, Roland: Öffentliche Verwaltung und Informationstechnik – Perspektiven einer radikalen Neugestaltung der öffentlichen Verwaltung mit Informationstechnik. Heidelberg : R.v.Decker’s Verlag, 1999.

Wimmer, Maria A.: Beiträge der Wissenschaft zur erfolgreichen E-Government-Umsetzung. In: Zechner, Achim (Hrsg.): Handbuch E-Government: Strategien, Lösungen und Wirtschaftlichkeit. Stuttgart : Fraunhofer IRB Verlag, 2007, S. 79-87.

Wimmer, Maria A.: Open Government in Policy Development: From Collaborative Scenario Texts to Formal Policy Models. In: Natarajan, R. und Ojo, A. (Hrsg.): ICDCIT 2011. LNCS # 6536, Springer-Verlag : Berlin, Heidelberg, 2011, S. 76–91

 

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