Bibtex

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  Year    = "2019", 
  Title    = "Informatik", 
  Author    = "", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/uebergreifender-teil/disziplinen-der-wi/informatik/", 
  Note    = "[Online; Stand 6. December 2024]",
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Informatik

Manfred Broy


Informatik bezeichnet die Wissenschaft von der Information und die Praxis ihrer Nutzung und Anwendung unter Betonung von Methoden der maschinellen Informationsverarbeitung. Im Mittelpunkt der Informatik stehen demnach die Modellierung und Darstellung von Information, deren Erfassung, Speicherung, Umformung durch Berechnung, Übertragung und Aufbereitung für die Mensch-Maschine-Interaktion und die Steuerung von Prozessen.

Die Informatik trägt gleichermaßen grundlagen-, ingenieur- und anwendungswissenschaftliche Züge. Dabei behandelt die Informatik einerseits angewandte, praktische Aufgaben des ingenieurmäßigen Entwickelns von Software-Systemen zur Verarbeitung von Information, deren Betrieb und Anwendung. Daneben wirft die Informatik aber auch tiefgehende wissenschaftliche Fragestellungen über die Rolle und Wirkungsweise von Information in den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen auf, wie etwa in der Biologie oder der Medizin, aber auch in der Kognition der Menschen.

Im Zentrum stehen Fragen der theoretischen, der praktischen, der technischen und der angewandten Informatik:

  • In der theoretischen Informatik werden Themen der formalisierten Darstellung und der Theorie der algorithmischen Verarbeitung von Information abgehandelt, auch in Hinblick auf den Aufwand an Speicher und Rechenleistung und die prinzipiellen Grenzen von Algorithmen. Hier finden sich enge Bezüge zur mathematischen Logik. Dies führt auf eine grundlegende Charakterisierung von Berechenbarkeit, des erforderlichen Berechnungsaufwands (“Berechnungskomplexität”) für gegebene Problemstellungen und Fragen der Darstellung von Informationen durch formale Sprachen.

  • Die praktische Informatik bearbeitet Themen der strukturierten Programmierung, des Entwurfs und der Realisierung von Programmiersprachen, der Datenstrukturen, Datenbanken und Informationssysteme. Im Zentrum steht die Gestaltung von Software-Systemen.

  • In der technischen und systemnahen Informatik werden Fragen der maschinellen Informationsverarbeitung und -übertragung abgehandelt, wie etwa die Geräte der Informationstechnik („Hardware“) aber auch Systemsoftware, einschließlich Betriebssysteme, Software zur Übertragung von Information, wie Protokolle, aber auch Themen eingebetteter Software, die über Sensoren und Aktuatoren unmittelbar mit der Umgebung interagiert.

  • In der angewandten Informatik werden zentrale Anwendungsgebiete betrachtet wie Betriebswirtschaft, Maschinenbau, Produktionsautomatisierung, Medizin, Biologie, Energie, Bauwesen, Verkehr und viele weitere sowie die Besonderheiten der Anwendung von Informatik in diesen Gebieten.

Ein besonderer Schwerpunkt in der Informatik ist die Modellierung und praktische Realisierung von Software-Systemen.

  • In der ingenieurmäßigen Informatik stehen unter dem Stichwort Software und Systems Engineering Aufgaben der Evolution von Informatiksystemen im Zentrum. Das zielt auf eigenständige Software-Systeme wie auf technische Systeme mit eingebetteter Software. Zentrale Themen sind die Erarbeitung von Anforderungen, die Modellierung von Informationsverarbeitungs- und Übertragungsvorgängen, die Ausarbeitung von Software- und Systemarchitekturen, der Feinentwurf von Programmstrukturen, die Implementierung, Test, Integration, Auslieferung und langfristige Evolution durch Pflege, Wartung und Weiterentwicklung. Hier finden sich technische, praktische, wirtschaftliche und anwendungsspezifische Aufgaben.

Gerade bei umfangreichen Software-Projekten ist die Beherrschung von Organisation und Management ein entscheidender Erfolgsfaktor. In Unternehmen sind hunderte, oft tausende von Softwareanwendungen tagtäglich im Einsatz. Die professionelle Evolution der Software-Landschaften stellt eine große Herausforderung dar.

Informatik ist mittlerweile in alle Bereiche des Alltags vorgedrungen. Personal Computer, Laptop, Smart Phone, Tablet und Internet sind für viele Menschen unverzichtbar. Informatiktechnik bestimmt die Unterhaltungselektronik. Mit dem Aufkommen der sozialen Netze dringt die Informatik auch in Bereiche zwischenmenschlicher Kommunikation und Interaktion vor. Entsprechend bedeutsam werden alle Fragen der Mensch-Maschine-Interaktion, angefangen von rein ergonomischen Themen bis hin zu Fragen der Integration von Informatikunterstützung in den Arbeitsfluss. Immer stärkere Bedeutung bekommen Assistenzsysteme.

Die starke Verbreitung und Nutzung der Informatik nimmt durch den Einsatz hochflexibler multifunktionaler Endgeräte noch zu. Sogenannte Smart Phones lassen die mobile Nutzung vielfältiger Informatikdienste zu. Durch sogenannte “Apps”, auf Smart Phones zugeschnittene Applikationsprogramme, die unterschiedlichsten Zwecken dienen können, werden Smart Phones in vielfältiger Weise gezielt um Funktionalität erweitert. Dabei werden insbesondere Möglichkeiten genutzt, aus dem Smart Phone heraus auf Dienste im Internet zuzugreifen, aber auch Sensorinformation wie den geographischen Standort zu verwenden, die im Smart Phone ohnehin zur Verfügung steht. Dies zeigt den Weg in die Informatiksysteme der Zukunft (unter Stichworten wie „Cyber-Physical Systems“), bei der eine weitreichende Vernetzung von eingebetteten Systemen in technischen Geräten mit Diensten und Daten im Internet zu erwarten ist. Dadurch entstehen vielfältige Dienste für die Menschen bis hin zu umfassenden Assistenzfunktionen. Durch die hohe Zahl von Sensoren in eingebetteten Systemen und die intensive Interaktion von Nutzern mit dem Internet entstehen riesige Mengen von Daten, die sich für die unterschiedlichsten Zwecke nutzen lassen. Verfahren der Datenanalyse (Stichwort „Big Data“) erlauben die Gewinnung wertvoller Informationen aus diesen Daten (Nutzerverhalten, Prediktive Maintenance, …).

Informatiksysteme stellen für viele Branchen zentrale Infrastrukturen bereit und sind dominante Innovationstreiber – ob in Mobilfunknetzen, in der Verkehrsteuerung, im Internet, in der Medizin oder in Buchungssystemen. Informatik erlaubt eine Interaktion und Zusammenarbeit über weite Entfernungen, gerade auch für Teams mit weltweit verstreuten Standorten und ist somit ein Treibriemen der Globalisierung.

Für die Informatik existiert eine nahezu unbeschränkte Zahl von Anwendungsfeldern, in denen spezifische Informatikkonzepte für die betreffenden Anwendungsdomänen erarbeitet und eingesetzt werden. Wichtige Beispiele sind Anwendungen im Maschinenwesen wie in der Robotik, der Produktionsautomatisierung, in der Unterstützung von Ingenieurprozessen („Digital and Virtual Engineering“), im Bauwesen wie etwa in der Gebäudeautomatisierung oder in der Telekommunikation. In einigen Anwendungsgebieten sind spezifische Informatiken entstanden, in den Informatik mit den Fachgebieten eine Symbiose eingeht. Prominente Beispiele sind die Wirtschaftsinformatik, die Medizininformatik oder die Bioinformatik.

Eine besondere Rolle nimmt die künstliche Intelligenz ein. Sie zielt auf die artifizielle Nachbildung intelligenten Verhaltens durch Mittel der Informatik. Sie wird oft mit übersteigerten Erwartungen dargestellt, hat jedoch inzwischen einige bemerkenswerte Beiträge im Bereich der Linguistik, dem Verstehen natürlicher Sprache und dem Suchen in großen Datenmengen vorzuweisen. Besondere Bedeutung kommt diesen Ansätzen im Rahmen der zunehmenden Adaptivität und Autonomie der Systeme zu.

Durch die hohe Vernetzung und die vielfältigen Zugriffsmöglichkeiten werden Fragen der Datensicherheit (Cyber Security) und der Privatheit immer bedeutsamer. Bei der Nutzung von Informatiksystemen in sicherheitskritischen Anwendungen ist die funktionale Sicherheit der Systeme zu gewährleisten, um auszuschließen, dass durch Fehlfunktionen Menschen zu Schaden kommen.

Die fast unbegrenzten Anwendungsmöglichkeiten der Informatik und das schnelle Skalieren von Softwaresystemen und deren hohe Attraktivität haben die wirtschaftliche Bedeutung der Informatik in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch erhöht. Riesige internationale Informatikkonzerne sind gleichsam aus dem Nichts entstanden und dominieren nahezu monopolistisch bestimmte Anwendungsbereiche etwa bei den Suchmaschinen, in sozialen Netzen oder bei internetbasierten Bestellsystemen. Informatiksysteme verändern Produkte und Prozesse, schaffen neue Geschäftsmodelle und lösen damit disruptive Veränderungen in der Wirtschaft aus. Informatikkompetenz und Informatikwissen wird immer stärker entscheidender Bestandteil der strategischen Unternehmensführung.

Mit dem zu erwartenden Fortschritt bei der Hardware („Mooresches Gesetz“) und der wachsenden Rechenleistung ist zu erwarten, dass das schnelle Vordringen der Informatik anhält und sich die Informatik weitere Anwendungsgebiete erschließen wird.


Literatur

Gesellschaft für Informatik: GI-Positionspapier “Was ist Informatik?” http://www.gi-ev.de/themen/was-ist-informatik/(Abruf 10.9.2013).

Hellige, H.D. (Hrsg.) : Geschichten der Informatik. Visionen, Paradigmen, Leitmotive. Berlin : Springer, 2004.

Geisberger,E.; Broy, M.: agendaCPS – Integrierte Forschungsagenda Cyber-Physical Systems (acatech STUDIE). Heidelberg u.a.: Springer,2012

 

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