Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Produktionskennlinien", 
  Author    = "", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/inner-und-ueberbetriebliche-informationssysteme/sektorspezifische-anwendungssysteme/produktionsplanungs-und-steuerungssystem/logistische-kennlinien/produktionskennlinien/", 
  Note    = "[Online; Stand 6. December 2024]",
}

Produktionskennlinien

Peter Nyhuis (unter Mitarbeit von Matthias SchmidtSebastian Bertsch)


Produktionskennlinien bilden die Wirkzusammenhänge der logistischen Zielgrößen Leistung, Durchlaufzeit, Termintreue und Bestand ab. Sie unterstützen damit die Planung, die Steuerung und das Controlling bei der logistischen Positionierung eines Arbeitssystems bzw. Produktionsbereiches in dem durch diese Zielgrößen aufgezogenen Spannungsfeld.

Die Kennlinien

Für den Bereich der Fertigung stellen Produktionskennlinien robuste und in der Praxis vielfach bewährte Wirkmodelle dar, welche auf die Beherrschung des Dilemmas der Ablaufplanung [Gutenberg 1951] abzielen (Abbildung 1).

Die Kennlinien stellen dar, wie sich ein Arbeitssystem bei ansonsten unveränderten Randbedingungen verhält, wenn ein anderer Bestand (WIP) eingestellt wird. Sie charakterisieren somit das logistische Verhalten bezüglich Leistung, Durchlaufzeit und Termintreue einer Fertigung bei einer Bestandsveränderung.

Die Produktionskennlinien zeigen, dass es nicht möglich ist ein gleichzeitiges Optimum für alle genannten Zielgrößen zu definieren. So erfordert bspw. die Sicherung einer hohen Auslastung hohe Bestände, die ihrerseits jedoch lange Durchlaufzeiten hervorrufen. Lange und damit stark streuende Durchlaufzeiten stehen aber einer hohen Termineinhaltung entgegen. Es ist also notwendig, eine logistische Positionierung im Spannungsfeld zwischen den produktionslogistischen Zielgrößen anzustreben, welche von einer strategisch bestimmten primären Zielgröße ausgeht und die Auswirkungen auf die übrigen Ziele untersucht [Nyhuis 2008].

 

Abb. 1: Visualisierung des Dilemmas der Ablaufplanung mit Produktionskennlinien

Die grundsätzliche Form der Produktionskennlinien gilt für jedes beliebige Produktionssystem. Die spezifischen Ausprägungen der Kennlinien sind jedoch von unterschiedlichen Rahmenbedingungen wie der Kapazität, den abzuarbeitenden Aufträgen (insbesondere ihrem Mittelwert und ihrer Streuung der Auftragszeit) und der Einbindung des Systems in den Materialfluss abhängig.

Erstellung logistischer Produktionskennlinien

Zur Erstellung von Produktionskennlinien sind prinzipiell unterschiedliche Ansätze geeignet. Hierbei handelt es sich um:

  • die Kennlinientheorie.

Mit jedem dieser Modellierungsansätze lassen sich die Zusammenhänge zwischen den logistischen Zielgrößen beschreiben. Jedoch weisen diese Modelle jeweils spezifische Vor- und Nachteile auf, die in [Nyhuis 2008] ausführlich diskutiert werden. Besonders hervorgehoben werden soll hier die Kennlinientheorie. Auf Basis dieser Theorie wurde ein mathematischer Ansatz entwickelt, mit dem Produktionskennlinien auf der Grundlage weniger Daten über eine Approximationsgleichung mit hoher Abbildungsgenauigkeit berechnet werden können. Damit lassen sich die Wirkzusammenhänge der produktionslogistischen Zielgrößen auf einfache Art beschreiben und somit insbesondere auch für Anwendungen in der Praxis nutzen. Eine ausführliche Herleitung der Theorie findet sich in [Nyhuis und Wiendahl 2009].

Anwendungsfelder

Produktionskennlinien bieten weitreichende Möglichkeiten, logistische Rationalisierungspotentiale zu quantifizieren und Produktionsprozesse logistikorientiert zu gestalten und zu lenken.

Um eine hohe Effizienz der einzuleitenden Maßnahmen sicherzustellen, ist es von entscheidender Bedeutung, die einzelnen Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Die permanente Absenkung des Bestandes erweist sich dabei als zentrale Logistikstrategie. Aufgabe der Fertigungssteuerung ist es daher, in einem ersten Schritt, das Bestandsniveau auf ein vertretbares Maß abzusenken (Abb. 2). Die Grenzen der erreichbaren Durchlaufzeiten und Bestände lassen sich anschließend durch dispositive Maßnahmen, insbesondere durch gleichmäßigere Arbeitsinhalte, zu geringeren Werten verschieben. In einer nächsten Stufe können weitere logistische Potentiale durch eine Verkürzung der Bearbeitungszeiten durch fertigungstechnische Maßnahmen wie neue Bearbeitungsverfahren oder Umstrukturierungsmaßnahmen im Rahmen der Fabrikplanung geschaffen werden. Das Nachführen der entsprechenden Steuerungsparameter gewährleistet die Nutzung der dabei gewonnenen Spielräume zur Bestandssenkung.


Abb. 2: Schritte zur Absenkung von Durchlaufzeit und Bestand in der Produktion

In Summe bieten die Produktionskennlinien umfassende Möglichkeiten zur Gestaltung, Planung und Kontrolle logistischer Prozesse in der Produktion.


Literatur

Gutenberg, Erich: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Die Produktion. Berlin, et al. : Springer, 1951.

Nyhuis, Peter; Wiendahl, Hans-Peter: Fundamentals of Production Logistics: Theory, Tools and Applications. Berlin et al. : Springer, 2008. Deutsche Ausgabe: Logistische Kennlinien: Grundlagen, Werkzeuge und Anwendungen. 2. Auflage, Berlin et al. : Springer, 2003

Nyhuis, Peter: Produktionskennlinien: Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten. In: Nyhuis, Peter: Beiträge zu einer Theorie der Logistik. Berlin et al. : Springer, 2008.

 

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