Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Bereitstellungsdiagramm", 
  Author    = "", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/inner-und-ueberbetriebliche-informationssysteme/sektorspezifische-anwendungssysteme/produktionsplanungs-und-steuerungssystem/bereitstellungsdiagramm/", 
  Note    = "[Online; Stand 3. October 2024]",
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Bereitstellungsdiagramm

Peter Nyhuis (unter Mitarbeit von Jonas Mayer)

Mit Bereitstellungsdiagrammen werden Wirkzusammenhänge zwischen Versorgungsprozessen und Konvergenzpunkten quantitativ beschrieben. Ein Konvergenzpunkt liegt vor, falls n Teile in ein Produkt einfließen. Das Bereitstellungsdiagramm ermöglicht die Ableitung der Wirkung von Maßnahmen zur Optimierung der Versorgungsprozesse und die Identifikation von Verbesserungspotenzialen.

Industrieunternehmen stehen im heutigen Wettbewerbsumfeld einer stetig wachsenden Globalisierung vor der Herausforderung, die Koordination einer immer größeren Zahl an Materialflüssen beherrschen zu müssen. Insbesondere die Koordination zusammenfließender Materialflüsse in Montageprozessen oder Komplettierungssituationen (bspw. im Versand), die auch als konvergierende Materialflüsse bezeichnet werden, bedingen eine aufwendige Abstimmung im Konvergenzpunkt (Nyhuis et al. 2013). Konvergierende Materialflüsse beschreiben die Situation, wenn  n Teile in  ein Produkt einfließen. Nur für den Fall, dass alle Bereitstellungen der Komponenten eines Auftrages termingerecht durchgeführt werden, ist eine planmäßige Durchführung des jeweiligen Auftrages realisierbar. Die Verspätung eines einzelnen Versorgungsprozesses führt zu der Verzögerung des gesamten Auftrages im Konvergenzpunkt (Schmidt 2011).

Das Bereitstellungsdiagramm beschreibt die Wirkzusammenhänge zwischen den typischen Versorgungsprozessen Lager, Produktion und Beschaffung sowie der Bereitstellungssituation im Konvergenzpunkt. Als Grundlage für die Beschreibung der Wirkzusammenhänge dienen die spezifischen Terminabweichungsverteilungen der Versorgungsprozesse. Die Auswirkungen dieser Terminabweichungen werden im Hinblick auf die Termin- und Bestandssituation im Konvergenzpunkt durch das Bereitstellungsdiagramm abgebildet (Beck 2013). In Konvergenzpunkten wird zwischen gestörten und komplettierten Beständen unterschieden. Als gestörter Bestand wird die Menge an Komponenten bezeichnet, die im Konvergenzpunkt bereits zugegangen ist bei gleichzeitigem Fehlen weiterer Komponenten der jeweiligen Aufträge (Nyhuis et al. 2008). Somit ist eine Fehlteilsituation vorhanden, die als Folge dazu führt, dass die entsprechenden Aufträge nicht verarbeitet werden können. Demgegenüber bilden komplettierte Bestände den Vorrat an Aufträgen ab, deren Komponenten für eine Weiterverarbeitung vollständig zur Verfügung stehen. Dies ist der Fall, sobald alle Komponentenbereitstellungen des jeweiligen Auftrages im Konvergenzpunkt abgeschlossen sind (Schmidt 2011).Verzögerungen in den Versorgungsprozessen führen zwangsweise zu gestörten Beständen und spiegeln sich in Terminabweichungen wider. Über eine Verknüpfung der Terminabweichungsverteilungen der jeweiligen Versorgungsprozesse ist die Terminabweichungssituation im Konvergenzpunkt abbildbar. Als Resultat lässt sich die Versorgungssituation im Hinblick auf Terminabweichungen in einem Konvergenzpunkt über eine aggregierte Terminabweichungsverteilung abbilden (Beck 2013).

Bereitstellungsdiagramm

Abb. 1: Herleitung des Bereitstellungsdiagramms auf Basis der Terminabweichungsverteilungen dreier Versorgungsprozesse

Im Bereitstellungsdiagramm wird die aggregierte Terminabweichungsverteilung in eine normierte Zugangs- und eine normierte Komplettierungskurve überführt (s. Abb. 1). Die Zugangskurve berücksichtigt alle Bereitstellungszeitpunkte der Teilkomponenten, die für die Montageaufträge oder Komplettierungen innerhalb des entsprechenden Untersuchungszeitraumes erforderlich sind. Eine Normierung der Bereitstellzeitpunkte basiert auf den Bedarfsterminen der Versorgungsprozesse. Zusätzlich erfolgt eine Gewichtung der Bereitstellzeitpunkte auf Basis des Wertes der bereitgestellten Komponenten. Anhand der Zugangskurve ist der Gesamtwert der Bereitstellungen quantifizierbar, der bis zu einer spezifischen Terminabweichung an dem untersuchten Konvergenzpunkt zugegangen ist.

Die Abbildung komplettierter Aufträge bedingt den Aufbau einer Komplettierungskurve. Die Komplettierungskurve umfasst ausschließlich die Bereitstellungszeitpunkte der für die einzelnen Aufträge zuletzt bereitgestellten Komponenten. In Anlehnung an die Zugangskurve werden die Bereitstellzeitpunkte auf den Bedarfstermin normiert und anhand des Gesamtauftragswertes gewichtet. Mathematisch resultiert die Komplettierungskurve aus der Potenzierung der Zugangswahrscheinlichkeiten der einzelnen Komponenten der Versorgungsprozesse. Die Komplettierungskurve bestimmt den Bestandswert an komplettierten Aufträgen in Abhängigkeit spezifischer Terminabweichungen.

Der gestörte Bestand in einem Konvergenzpunkt ist anhand der Fläche zwischen der Zugangs- und der Komplettierungskurve ermittelbar. Neben der Ermittlung der Höhe des gestörten Bestandes an einem Konvergenzpunkt ermöglicht das Bereitstellungsdiagramm auf Basis der Verläufe der Zugangs- und Komplettierungskurve die Ableitung von Aussagen bezüglich der terminlichen Abstimmung von Versorgungsprozessen. In diesem Zusammenhang ist zwischen einer rechtzeitigen und einer gleichzeitigen Bereitstellung durch die Versorgungsprozesse zu unterscheiden (Nickel 2008). Eine rechtzeitige Bereitstellung (s. Abb. 2 – Fall b) liegt vor, falls alle Versorgungsprozesse in einem Konvergenzpunkt vor dem eigentlichen Bedarfstermin abgeschlossen sind. Demgegenüber beschreibt die Gleichzeitigkeit einer Bereitstellung die zeitliche Abstimmungsgüte zwischen den Versorgungsprozessen (s. Abb. 2 – Fall c). Eine hohe Gleichzeitigkeit bedingt einen geringen zeitlichen Versatz zwischen der ersten und der letzten Bereitstellung der Komponenten eines Auftrages bzw. einen geringen horizontalen Abstand zwischen der Zugangs- und der Komplettierungskurve. Eine gleichzeitige Bereitstellung der Versorgungsprozesse führt zu einer Reduzierung der gestörten Bestände. Die Kombination aus Gleichzeitigkeit und Rechtzeitigkeit wird unter dem Begriff Pünktlichkeit zusammengefasst (s. Abb. 2 – Fall d).

Bereitstellungsdiagramm 2

Abb. 2: Unterscheidung zwischen rechtzeitiger, gleichzeitiger und pünktlicher Bereitstellung

Auf Basis der Analyse der Terminabweichungen der Versorgungsprozesse sind Aussagen über die Höhe gestörter Bestände an Konvergenzpunkten sowie über die Gleichzeitigkeit und Rechtzeitigkeit der Bereitstellungen ableitbar. Die Kenntnis über die Wirkzusammenhänge zwischen Terminabweichungsverteilungen der Versorgungsprozesse und den Verläufen von Zugangs- und Komplettierungskurven ermöglicht es, die Wirkung von Maßnahmen zur Verbesserung der Terminabweichungswerte der Versorgungsprozesse modellbasiert abzubilden und versorgungsprozessspezifische Verbesserungspotenziale zu ermitteln (Beck 2013). Auf Basis des Bereitstellungsdiagramms ist weiterhin die Identifikation von Schwachstellen bei konvergierenden Versorgungsprozessen durchführbar. Folgerichtig stellt das Bereitstellungsdiagramm ein wesentliches Werkzeug bei der Gestaltung und Steuerung von Montage- und Komplettierungsbereichen dar.


Literatur

Beck, S. (2013): Modellgestütztes Logistikcontrolling konvergierender Materialflüsse. Garbsen: PZH Produktionstechnisches Zentrum (Berichte aus dem IFA, 2013,3).

Nyhuis, P.; Busse, T.; Münzberg, B. (2008): Logistische Beherrschung von Fertigungs- und Montageprozessen. ZWF Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb, Jahrgang 103 (6), S. 400-403.

Nyhuis, P.; Beck, S.; Schmidt, M. (2013): Model-based logistic controlling of converging material flows. In: CIRP Annals – Manufacturing Technology 62 (1), 431–434.

Schmidt, M. (2011): Modellierung logistischer Prozesse der Montage. Garbsen: PZH, Produktionstechnisches Zentrum. (Berichte aus dem IFA, 2011, 1).

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