Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Planung von Lieferketten und -netzwerken", 
  Author    = "", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/inner-und-ueberbetriebliche-informationssysteme/crm-scm-und-electronic-business/supply-chain-management/planung-von-lieferketten-und-netzwerken/", 
  Note    = "[Online; Stand 6. December 2024]",
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Planung von Lieferketten und -netzwerken

Anne Lange


Die Planung von Lieferketten und -netzwerken befasst sich mit der organisatorischen und physischen Ausgestaltung von Lieferketten. Organisatorisch ist die Koordination der Vielzahl an Partnern herausfordernd. Auf physischer Ebene sind die Gestaltungsparameter Zentralität, Spekulation und Konsolidierung relevant in der Planung von Lieferketten.

Ebenen der Planung von Lieferketten und -netzwerken

Als betriebswirtschaftliche Planung bezeichnet man „das rationale Durchdenken und Formulieren von Gestaltungsproblemen, die Festlegung des gewollten Zustandes und die Auswahl der zu seiner Erreichung geeigneten Maßnahmen und Ressourcen“ [Delfmann, Reihlen 2002, S. 1439]. Komplexe Lieferketten und -netzwerke (Supply Chains oder Supply Networks), stehen als Betrachtungseinheit des strategischen Managements heutzutage im Vordergrund. Dies reflektiert die in der Logistik verankerte System- und Flussorientierung (vgl. [Pfohl 2016, S. 323]). Damit hat die vielschichtige Planung der Logistikketten und -netzwerke eine hohe Relevanz. Dabei umfassen die Gestaltungsprobleme sowohl eine organisatorische als auch eine physische Dimension.

Organisatorische Dimension

Organisatorische Aspekte der Planung von Lieferketten befassen sich mit der Ausgestaltung der Kooperation der Partner in der Lieferkette. In diesem Sinne sind Ansätze des Supply Chain Governance basierend auf grundlegenden, transaktionskostenorientierten Überlegungen relevant, um die passende Form der Kooperation in der Lieferkette zu definieren (vgl. [Delfmann 2007; Gereffi et al. 2005; Albers et al. 2003]).

Unter logistischen Gesichtspunkten ist insbesondere die Koordination der Partner in der Planung von Lieferketten zu beachten. Die verstärkte Arbeitsteilung, vor allem auch im Kontext der Globalisierung erhöht fast zwangsläufig die Anzahl der Akteure in Lieferketten. Außerdem werden Lieferketten immer spezifischer auf herausfordernde Situationen zugeschnitten (z.B. JIT-Belieferung in der Automobilwirtschaft oder ECR-Kollaborationen im Handel). Ohne unterstützende IT-Systeme wäre heutzutage

das Management der Schnittstellen und Informationen in Lieferketten unmöglich.

Physische Dimension

Physische Aspekte der Planung von Lieferketten sind ein wichtiges Anwendungsgebiet des Operations Research; beispielhaft seien Standortentscheidungen oder die optimale Lenkung von Warenströmen genannt (vgl. [Crainic, Laporte 1997; Crainic 2000; Wieberneit 2008]). Gerade hier sind viele Verbindungen zur Planung in Lieferketten vorhanden. Über die detaillierte Optimierung hinaus sind drei logistische Gestaltungsdimensionen für die Planung von Lieferketten relevant: KLAAS hebt den Dreiklang dieser Dimensionen in der Infrastruktur- und Prozessplanung hervor. Er identifiziert die Gestaltungsoptionen zentral vs. dezentral, aufschieben vs. spekulieren und bündeln vs. vereinzeln (vgl. [Klaas 2002, S. 150-158; Pfohl 2016, S. 100-119]).

Geographische Zentralität von Lieferketten liegt vor, wenn Transport- und Transformationsprozess von Gütern geographisch auf einen Ort konzentriert sind. Man unterscheidet zwischen horizontaler geographischer Zentralität (Orte einer Prozessstufe) und vertikaler geographischer Zentralität (Orte konsekutiver Prozessstufen) (vgl. [Klaas 2002, S. 151]). Die Zentralität einer Lieferkette stellt einen wichtigen Teil ihrer Infrastrukturplanung dar.

Geographische Zentralität ist mitunter stark getrieben durch Entscheidungen über Beschaffungs- und Produktionsmärkte: fußt eine Lieferkette auf Local Sourcing, so liegt es nahe, dass sie über einen hohen Grad an vertikaler geographischer Zentralität verfügt.

Aufschieben (Postponement) und Spekulieren (Speculation) sind prozessuale Aspekte der Planung von Lieferketten und haben jeweils eine geographische und eine produktionsorientierte Dimension. Beim Aufschieben werden allgemein die Entscheidungen über Ausdifferenzierungen eines Produktes in der Lieferkette so weit wie möglich in die Zukunft verschoben; sei es über die Variantenbildung (produktionsorientiert) oder über die Belieferung regionaler Märkte (geographisch). Wird eine Spekulationsstrategie gewählt, so werden diese Entscheidungen auf der Basis von Prognosen bereits früh getroffen (vgl. [Pagh et al. 1998; Delfmann 1998, S. 80]).

Die Gestaltungsdimension der Konsolidierung (bündeln oder vereinzeln) hat sowohl prozessuale als auch infrastrukturorientierte Aspekte. Es stellt sich die Frage, ob Waren in der Lieferkette kosteneffizient gebündelt oder serviceorientiert einzeln transportiert werden sollen. Dabei sind unterschiedliche Bündelungsstrategien verfügbar, die alle auf eine Kostenreduktion durch hohe Auslastung von Kapazitäten abzielen (vgl. [Hall 1987]).

Ziele der Planung von Lieferketten und –netzwerken

In der Vergangenheit waren die Ziele der Planung von Lieferketten und –netzwerken stark kosten- bzw. gewinngetrieben. In den letzten Jahren rücken vermehrt auch weitere Aspekte in den Fokus der Betrachtung. Kundenorientierte Absatzmärkte fordern häufig eine starke Serviceorientierung; gerade auch weil Service eine Möglichkeit darstellt, sich vom Wettbewerb zu differenzieren (vgl. [Meixell, Gargeya 2005]).

In der jüngeren Vergangenheit haben mehrfach Umweltkatastrophen deutlich vor Augen geführt, wie anfällig vernetzte Lieferketten für Risiken sind. Dabei sind Umweltrisiken bei weitem nicht die einzigen Umstände, die ein Liefernetzwerk beeinflussen können: Streiks, wirtschaftlicher Ausfall von Lieferanten, Verfügbarkeit von Transportkapazitäten oder Produktionsstörungen sind als Beispiele ebenfalls zu nennen. Aus diesen Gründen rückt die Gestaltung von zuverlässigen Lieferketten vermehrt in den Fokus (vgl. [Christopher, Peck 2004; Manuj, Mentzer 2008; Tang, Musa 2011; Pfohl et al. 2010]).

Eine weitere Entwicklung ist die verstärkte Untersuchung und Gestaltung finanzieller Flüsse im Zusammenspiel mit den materiellen Flüssen in Lieferketten. Mit dem Oberbegriff des Supply Chain Finance werden in der Forschung und der Praxis Ansätze beschrieben, die darauf abzielen, finanzielle Restriktionen in der Gestaltung der materiellen Flüsse zu reduzieren (vgl. [Gelsomino et al. 2016; Randall, Farris II 2009]).


Literatur

Albers, Sascha: The Design of Alliance Governance Systems. Köln : Kölner Wissenschaftsverlag, 2005.

Albers, Sascha; Gehring, Martin; Heuermann, Caroline: A Configurational Approach to Supply Chain Governance. In: Seuring, Stefan; Müller, Martin; Goldbach, Maria; Schneidewind, Uwe (Hrsg.): Strategy and Organization in Supply Chains. Physica : Heidelberg, 2003. S. 99-114.

Christopher, Martin; Peck, Helen: Building the Resilient Supply Chain. In: International Journal of Logistics Management, 15 2004, 2, S. 1-14.

Crainic, Theodor Gabriel: Service network design in freight transportation. In: European Journal of Operational Research 122 2000, 2, S. 272-288.

Crainic, Theodor Gabriel; Laporte, Gilbert: Planning models for freight transportation. In: European Journal of Operational Research 97 1997, 3, S. 409-438.

Delfman, Werner; Reihlen, Markus: Planung. In: Küpper, Hans-Ulrich, Wagenhofer, Alfred (Hrsg.): Handwörterbuch Unternehmensrechnung und Controlling. 4. Auflage. Stuttgart : Schäffer-Poeschel, 2002. S. 1439-1449.

Delfmann, Werner: Organisation globaler Versorgungsketten. In Glaser, Horst; Schröder, Ernst F.; von Werder, Axel (Hrsg.): Organisation im Wandel der Märkte: Erich Frese zum 60. Geburtstag. Wiesbaden : Gabler, 1998. S. 61-89.

Delfmann, Werner: Dynamics of Supply Chain Governance: A Contingency Approach. In Klaas-Wissing, Thorsten; Delfmann, Werner (Hrsg.): Strategic Supply Chain Design: Theory, concepts and applications. Köln : Kölner Wissenschaftsverlag, 2007. S. 65-81.

Gelsomino, L. M.; Mangiaracina, R. ; Perego, A., Tumino, A.: Supply chain finance: a literature review. In: International Journal of Physical Distribution & Logisticsr Management, 46 2016, S. 348-366.

Gereffi, Gary; Humphrey, John; Sturgeon Timothy: The governance of global value chains. In: Review of International Political Economy 12 2005, 1, S. 78-104.

Hall, Randolph W.: Consolidation Strategy: Inventory, Vehicles and Terminals. In: Journal of Business Logistics 8 1987, 2, S. 57-73.

Klaas, Thorsten: Logistik-Organisation : ein konfigurationstheoretischer Ansatz zur logistikorientierten Organisationsgestaltung. Wiesbaden : Deutscher Universitäts Verlag, 2002.

Manuj, I.r and Mentzer, J.T.: Global supply chain risk management strategies. In: International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, 38 2008, 3, S. 192–223.

Meixell, Mary J.; Gargeya, Vidyaranya B.: Global supply chain design: A literature review and critique. In: Transportation Research Part E: Logistics and Transportation Review, 41 2005, 6, S. 531-550.

Pagh, Janus D.; Cooper Martha C.: Supply Chain Postponement and Speculation Strategies: How to Choose the Right Strategy. In: Journal of Business Logistics 19 1998, 2, S. 13-33.

Pfohl, Hans-Christian: Logistikmanagement : Konzeption und Funktionen. 3., vollst. überarb. und erw. Auflage. Berlin : Springer, 2016.

Pfohl, Hans-Christian; Köhler, Holger; Thomas, David: State of the art in supply chain risk management research: empirical and conceptual findings and a roadmap for the implementation in practice. In: Logistics Research 2 2010, 1, S. 33-44.

Randall, Wesleyr S.; Farris II, M. Theodore: Supply chain financing: using cash‐to‐cash variables to strengthen the supply chain. In: International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, 39 2009, 8, S. 669-689.

Tang, Ou; Musa, S. Nurmaya: Identifying risk issues and research advancements in supply chain risk management. In: International Journal of Production Economics 133 2011, 1, S. 25-34.

Wieberneit, Nicole: Service network design for freight transportation: a review. In OR Spectrum 30 2008, 2, S. 77-112

 

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