Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "IT-Konsumerisierung", 
  Author    = "Urbach, Prof. Dr. Nils", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/informations-daten-und-wissensmanagement/informationsmanagement/it-infrastruktur/it-konsumerisierung/", 
  Note    = "[Online; Stand 19. April 2024]",
}

IT-Konsumerisierung

Nils Urbach


Der Begriff IT-Konsumerisierung beschreibt den Trend, informationstechnologische Innovationen, die ursprünglich für den Konsumentenmarkt entwickelt wurden, auch im geschäftlichen Umfeld einzusetzen. Die damit verbundenen Entwicklungen beeinflussen das Informationsmanagement und stellen IT-Verantwortliche vor neue Herausforderungen.

Begriffsverständnis

Seit einigen Jahren lässt sich beobachten, dass IT-Innovationen, die originär dem Konsumentenbereich entspringen, vermehrt in das Unternehmensumfeld eindringen. Die Nutzung von Technologien des Konsumentenmarkts im betrieblichen Kontext wird dabei in der Literatur als IT-Konsumerisierung bezeichnet [Von Entreß-Fürsteneck et al. 2016; Weiß, Leimeister, 2012]. Engere Definitionsansätze gehen zusätzlich davon aus, dass die eingesetzten IT-Ressourcen zuvor vom Nutzer privat beschafft wurden („bring your own device“) [Niehaves et al. 2012].
Die in diesem Zusammenhang aus dem Konsumentenmarkt übernommenen, technologischen Innovationen sind typischerweise Web-2.0-Technologien sowie mobile Endgeräte und Anwendungen [Von Entreß-Fürsteneck et al. 2016]. Zu den Web-2.0-Technologien gehören unter anderem Social-Media-Anwendungen oder Cloud-Computing-Dienste. Sie dienen meist der Verbesserung der Kollaboration und des Informationsaustausches der Mitarbeiter untereinander. Unter mobilen Endgeräten und Anwendungen werden moderne Smartphones und Tablets verstanden, welche zunehmend klassische Unternehmensgeräte verdrängen [Weiß, Leimeister, 2013].

Eng verbunden mit dem Trend zur IT-Konsumerisierung wird der Kontrollverlust der IT-Abteilungen bezogen auf die IT-Ressourcennutzung sowie eine zunehmende Selbstbestimmung der Mitarbeiter diskutiert [Weiß, Leimeister, 2012]. Als weitere zusammenhängende Facette wird die zunehmende Vermischung von Privat- und Berufsleben betrachtet [Köffer et al. 2015].

Ursachen

Wesentlicher Hintergrund des Trends zur IT-Konsumerisierung ist, dass IT-Innovationen in den letzten Jahren – im Gegensatz zu früheren Zeiten der Informationsverarbeitung – zunächst im Konsumentenmarkt entstehen, bevor sie im Unternehmenskontext eine Rolle spielen. Hierdurch ist eine veränderte Erwartungshaltung der Mitarbeiter entstanden, da diese die Anwendung innovativer und als zeitgemäß wahrgenommener Technologien aus dem privaten Kontext gewohnt sind und ihre Gewohnheiten auf die betriebliche Nutzung übertragen möchten [Von Entreß-Fürsteneck et al. 2016].

Da die aus dem privaten Kontext bekannten, technologischen Innovationen in der Regel durch hohe Bedienfreundlichkeit und neue Anwendungsmöglichkeiten hervorstechen, steigt gleichzeitig die Unzufriedenheit mit der im Unternehmen bereitgestellten Infrastruktur, da diese in der Wahrnehmung der Mitarbeiter nicht mehr den (gestiegenen) Anforderungen an eine moderne IT-Unterstützung entsprechen [Weiß, Leimeister, 2012]. Ein Resultat dieser Entwicklung ist, dass insbesondere sogenannte „Digital Natives“ (IT- und internetaffine Mitarbeiter, nach 1980 geboren), aber genauso auch Mitarbeiter aus dem Top-Management, vermehrt unkontrolliert private Endgeräte und Anwendungen im betrieblichen Umfeld nutzen (siehe Abbildung 1).

IT-Konsumerisierung - Treiber

Abb. 1: Treiber der IT-Konsumerisierung (in Anlehnung an [Weiß, Leimeister, 2012])

Vor allem aufgrund von Sicherheitsbedenken und Schwierigkeiten im Support wird der Einsatz privater IT-Lösungen in vielen Unternehmen bislangnicht unterstützt. Das zunehmend größer werdende Interesse seitens der Mitarbeiter und der daraus resultierende Druck auf die IT-Abteilungen führen jedoch nicht selten zu einem Umdenken [Weiß, Leimeister, 2012].

Auswirkungen

Der Trend zur IT-Konsumerisierung hat einen Einfluss auf das betriebliche Informationsmanagement und stellt IT-Verantwortliche vor neue Herausforderungen [Weiß, Leimeister, 2012]. Für eine unternehmensindividuelle Beurteilung des Umgangs mit Konsumententechnologien im Unternehmenskontext sind die verbundenen Vor-und Nachteile abzuwägen. Am Beispiel von mobilen Endgeräten können mehrere Vorteile für Unternehmen genannt werden, die mit einer IT-Konsumerisierungsstrategie einhergehen [Von Entreß-Fürsteneck et al. 2016]. Durch die Nutzung von Konsumentengeräten werden die Mitarbeitern in die Lage versetzt, zeit- und ortsunabhängig zu arbeiten und durch den Einsatz gewohnter Anwendungen ihre Arbeit effizienter zu gestalten, wodurch auf eine höhere Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeiter geschlossen werden kann. Zudem weisen jüngere Studien auf einen positiven Einfluss von IT-Konsumerisierungsstrategien auf das Innovationsverhalten der Mitarbeiter hin [Köffer et al. 2015]. Des Weiteren kann eine nach außen kommunizierte IT-Konsumerisierungsstrategie zu Imageverbesserung für das Unternehmen führen. Unternehmen, welche den Einsatz von Konsumententechnologien zulassen, werden potenziell als attraktivere Arbeitgeber wahrgenommen [Weiß, Leimeister, 2012]. Nicht zuletzt können – eine private Beschaffung der Geräte vorausgesetzt – monetäre Vorteile durch den Wegfall von Beschaffungs- und Nutzungskosten auf Seiten der Unternehmen erzielt werden.

Neben den genannten Vorteilen der IT-Konsumerisierung dürfen aus Unternehmenssicht Risiken im Bereich von Datenschutz und Datensicherheit, erforderliche Maßnahmen zur Integration in die bestehende IT-Infrastruktur sowie gesteigerte Aufwände für Wartung und Support nicht unterschätzt werden [Köffer, Fielt, Niehaves 2015]. Unternehmen, die mit der IT-Konsumerisierung oftmals unvorbereitet konfrontiert werden, sind entsprechend gefordert, sich dieser Themen anzunehmen, eine entsprechende Strategie zu definieren und diese schließlich umzusetzen [Von Entreß-Fürsteneck et al. 2016; Weiß, Leimeister, 2012].


Literatur

Köffer, Sebastian; Anlauf, Lea; Ortbach, Kevin; Niehaves, Björn: The Intensified Blurring of Boundaries between Work and Private Life through IT Consumerisation; Proceedings of the 23rd European Conference on Information Systems (ECIS), Münster, Germany, 2015.

Köffer, Sebastian; Fielt, Erwin; Niehaves, Björn: IT Consumerization and its Effects on IT Business Value, IT Capabilities, and the IT Function, Proceedings of the 19th Pacific Asia Conference on Information Systems (PACIS), Singapore, 2015.

Köffer, Sebastian; Ortbach, Kevin; Junglas, Iris; Niehaves, Björn; Harris, Jeanne: Innovation Through BYOD? The Influence of IT Consumerization on Individual IT Innovation Behavior, Business and Information Systems Engineering, 57 (6), S. 363–375, 2015.

Niehaves, Björn; Köffer, Sebastian; Ortbach, Kevin; Katschewitz, Stefan: Towards an IT Consumerization Theory: A Theory and Practice Review. Working Papers, ERCIS – European Research Center for Information Systems, No. 13, 2012.

Von Entress-Fürsteneck, Matthias; Urbach, Nils; Buck, Christoph; Eymann, Torsten: IT-Konsumerisierung: Strategien und Maßnahmen in mittelständischen Unternehmen, HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik, 53 (2), S. 254-264, 2016.

Weiß, Frank; Leimeister, Jan Marco: Consumerization – IT-Innovationen aus dem Konsumentenumfeld als Herausforderung für die Unternehmens-IT, Wirtschaftsinformatik, 54 (6), S. 351-354, 2012.

Weiß, Frank; Leimeister, Jan Marco: Consumerization: Herausforderungen für das betriebliche Informationsmanagement durch iPhone und Co., Proceedings of the 11th International Conference on Wirtschaftsinformatik, Leipzig, Germany, 2013

 

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