Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Information Engineering", 
  Author    = "Knolmayer, Prof. em. Dr. Dr.h.c. Gerhard", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/informations-daten-und-wissensmanagement/informationsmanagement/informationsmanagement-konzepte-des/information-engineering/", 
  Note    = "[Online; Stand 27. April 2024]",
}

Information Engineering

Gerhard Knolmayer


Information Engineering ist ein Konzept, das ingenieurwissenschaftliche Methoden auf die Gestaltung der Informationsversorgung übertragen will.

Begrifflichkeiten

Der Begriff Information Engineering (IE) entstand später als die Begriffe Software Engineering und Informationsmanagement und wurde insbesondere durch drei gleichnamige Bücher von James Martin [1989, 1990a, 1990b] populär. Bei Verwendung dieses Begriffes will man einerseits betonen, dass nicht nur Software entwickelt, sondern die gesamte Informationsversorgung und -verwendung gestaltet werden muss; andererseits verweist die Begriffskomponente “Engineering” auf ein wissenschaftlich gesichertes Vorgehen, das sich auf systematische Vorgehensweisen, Methoden und  Werkzeuge stützt und das man mit dem Begriff ” Management” je länger, je weniger assoziiert.

Nach herrschender Auffassung schließt IE das Gebiet Software Engineering ein. James Martin präsentiert IE als konfus anmutende Synthese unterschiedlicher “Trends”, entwickelte aber auch eine Information Engineering Method (IEM), die den Lebenszyklus von Informationssystemen unterstützen soll. Häufig wird ein enger Zusammenhang zwischen IE und Methoden und Werkzeugen des Computer-Aided Software Engineering (CASE) gesehen [Finkelstein 1989, Martin 1989, Brathwaite 1992].

Nach Heinrich [1991, 1996] beschäftigt sich IE als wissenschaftliche Disziplin mit

  • der Erklärung von Information als wissenschaftlichem Gut,
  • der Untersuchung vorhandener und der Entwicklung neuer Methoden zur Informationsgestaltung und der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen diesen Methoden,
  • der Umsetzung der Methoden in Werkzeuge und deren Integration in Entwicklungsumgebungen sowie
  • der empirischen Untersuchung der Methoden- und Werkzeuganwendung.

Diese Aufzählung muss um im Software Engineering behandelte Lösungsansätze (z.B. hinsichtlich der Wartung von Softwaresystemen) ergänzt werden, wenn Information Engineering als Oberbegriff verstanden werden soll.

Verwandte Begriffe

Die Begriffskomponente Engineering findet sich in der Folge auch in Begriffen wie “Financial Engineering”, “Health Engineering”, “Instructional Engineering”, “Business Engineering” und “Enterprise Engineering” [Dietz, Hoogervorst 2008], deren Beschreibungen oft nur geringe Nähe zu ingenieurwissenschaftlichen Vorgehensweisen erkennen lassen. Die Sprachverluderung erreicht einen Höhepunkt mit Studiengangsbezeichnungen wie “Business Engineering Management”.

Aktuelle Bedeutung des Information Engineering

Eine Analyse von Literaturdatenbanken zeigt, dass von den Veröffentlichungen, die den Begriff “Information Engineering” im Sinn des Verständnisses der Wirtschaftsinformatik verwenden, vor allem vor dem Jahr 2000 erschienene Publikationen zitiert werden. Die Vermutung, dass der Begriff ” Information Engineering” den Höhepunkt seiner Hype-Kurve überschritten hat, liegt nahe. Gleichwohl tragen Institute, Zeitschriften und Tagungen gerne diese Bezeichnung.

Ein Grund für die geringere Aufmerksamkeit für IE als Forschungsansatz mag sein, dass dieses Konzept ursprünglich insbesondere auf Informationssysteme abstellte, die Individualsoftware verwenden. Mit der zunehmenden Bedeutung von Standardsoftware verlor IE an Bedeutung, obwohl gerade die erfolgreiche Einführung und Wartung komplexer Standardsoftwaresysteme einer systematischen und methodisch sauberen Vorgehensweise bedarf. Eine Revitalisierung des IE-Konzeptes erscheint durchaus wünschenswert: IE kann als Paradigma einer konstruktionsorientierten Wirtschaftsinformatik verstanden werden, wie sie im deutschsprachigen Raum als Abgrenzung zur empirisch orientierten “Information Systems”-Forschung häufig vertreten wird [vgl. mehrere Beiträge in Jung, Myrach 2008]. In einer von Aktionismus getriebenen Geschäftswelt, die kurzfristige Perspektiven und “Erfolge” höher bewertet als nachhaltige Ergebnisse, die mittel- und langfristig Bestand haben, sollten die potentiellen Vorteile systematischer Vorgehensweisen zumindest von der akademischen Welt thematisiert werden.


Literatur

Brathwaite, Kenmore S.: Information Engineering. Volume I: Concepts. Boca Raton et al.: CRC Press, 1992.

Dietz, Jan L.G.; Hoogervorst, Jan A.P.: Enterprise Engineering – A Manifesto. In: Dietz, Jan L.G.; Albani, Antonia; Barjis, Joseph (Eds.): Advances in Enterprise Engineering I. Berlin, Heidelberg: Springer, 2008, S. vii – ix.

Finkelstein, Clive: An Introduction to Information Engineering. From Strategic Planning to Information Systems. Sydney et al.: Addison-Wesley, 1989.

Heinrich, Lutz J.: Information Engineering – eine Synopse. In: Heilmann, Heidi; Heinrich, Lutz J.; Roithmayr, Friedrich (Hrsg.): Information Engineering. München-Wien: Oldenbourg, 1996, S. 17 – 34.

Heinrich, Lutz J.: Information Engineering. In: Wirtschaftsinformatik 33(1991), Nr. 3, S. 247 – 248.

Jung, Reinhard; Myrach, Thomas (Hrsg.): Quo vadis Wirtschaftsinformatik? Festschrift für Prof. Gerhard F. Knolmayer, Wiesbaden: Gabler, 2008.

Martin, James: Information Engineering. Book I: Introduction. Englewood Cliffs: Prentice Hall, 1989; Book II: Planning and Analysis. Englewood Cliffs: Prentice Hall, 1990a; Book III: Design and Construction. Englewood Cliffs: Prentice Hall, 1990b.

 

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