Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Dialogentwurf", 
  Author    = "Gross, Prof. Dr. Tom", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/entwicklung-und-management-von-informationssystemen/systementwicklung/hauptaktivitaeten-der-systementwicklung/softwareentwurf/dialogentwurf/", 
  Note    = "[Online; Stand 28. March 2024]",
}

Dialogentwurf

Tom Gross


Der Dialogentwurf ist die Festlegung, wie die Benutzungsschnittstelle gestaltet sein soll. Dabei werden die Benutzeranforderungen und –wünsche in ein konzeptionelles Modell überführt. Das konzeptionelle Modell ist die Beschreibung des vorgeschlagenen Software-Systems als Festlegung der integrierten Ideen und Konzepte bezüglich seines Verhaltens und seines Aussehens.

Der Dialog wird im Kontext der Software-Ergonomie von der Internationalen Standardisierungs-Organisation ISO in der ISO-Norm 9241 zur „Ergonomie der Mensch-System-Interaktion“ im Abschnitt 110 definiert als: „Interaktion zwischen einem Benutzer und einem interaktiven System als Folge von Handlungen des Benutzers (Eingaben) und Antworten des interaktiven Systems (Ausgaben), um ein Ziel zu erreichen“ [Schneider 2008; ISO/IEC 2006].

Der Dialog kann als die Kommunikation der Benutzerinnen und Benutzer mit dem interaktiven Software-System verstanden werden und nach Donald Norman [1988] in sieben Phasen eingeteilt werden:

  • Der Benutzer legt ein Ziel fest.

  • Der Benutzer formuliert eine Absicht.

  • Der Benutzer spezifiziert Aktionen, welche in der Softwareanwendung durchgeführt werden.

  • Der Benutzer führt die spezifizierten Aktionen aus.

  • Der Benutzer nimmt den Zustand der Softwareanwendung auf.

  • Der Benutzer interpretiert den Zustand der Softwareanwendung.

  • Der Benutzer beurteilt den Zustand der Softwareanwendung mit Bezug auf das ursprüngliche Ziel.

In den einzelnen Phasen kann es für die Benutzerinnen und Benutzer zu Problemen und Restriktionen kommen. Zwei exemplarische Fragen sollen dies verdeutlichen: “Bietet das System zu jedem Zeitpunkt die Funktionalität, die jeweils von den Benutzerinnen und Benutzern gewünscht wird?” und “Gibt das System eindeutig interpretierbare Rückmeldungen über seinen aktuellen Status?”.

Grundsätze zur Dialoggestaltung sollen beim Entwurf, bei der Implementation und bei der Evaluierung der Dialoge Unterstützung bieten. In der ISO-Norm 9241-110 [Schneider 2008; ISO/IEC 2006] werden u.a. die folgenden Grundsätze und Empfehlungen spezifiziert:

  • Aufgabenangemessenheit: ein Dialog soll die effektive und effiziente Erledigung der konkret anstehenden Aufgabe ermöglichen.

  • Selbstbeschreibungsfähigkeit: ein Dialog soll den Benutzerinnen und Benutzer jederzeit eindeutig kommunizieren, in welchem Dialog und wo innerhalb des aktiven Dialoges sie stehen sowie welche Aktionen möglich sind und wie diese durchgeführt werden können.

  • Erwartungskonformität: ein Dialog soll situationsabhängig die Bedürfnisse der Benutzerinnen und Benutzer erfüllen und allgemeinen Konventionen entsprechen.

  • Lernförderlichkeit: ein Dialog soll die Benutzerinnen und Benutzer beim Erlernen der Systembedienung unterstützen und führen.

  • Steuerbarkeit: ein Dialog ist steuerbar, wenn er die Benutzerinnen und Benutzer in die Lage versetzt, die Richtung und Geschwindigkeit der Interaktion mit dem System bis zur Zielerreichung zu initiieren und zu lenken.

  • Fehlertoleranz: ein Dialog soll trotz offensichtlicher Eingabefehler in der Lage sein, mit keinem oder geringem Korrekturaufwand seitens der Benutzerinnen und Benutzer das Ziel zu erreichen.

  • Individualisierbarkeit: ein Dialog soll es den Benutzerinnen und Benutzern ermöglichen, die Interaktion sowie die Präsentation der Informationen den persönlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen anzupassen.

Bei der Gestaltung der Bildschirminhalte gibt es verschiedene konkrete Empfehlungen [Hammond et al. 2002; Preece et al. 2007]:

  • Information und Menge: d.h. es sollen konzise Worte, gebräuchliche Datenformate und Tabellen mit Spaltenüberschriften verwendet werden und überflüssige Details vermieden werden.

  • Gruppierung von Informationen: d.h. räumliche Anordnungen und farbliche Unterscheidungen sollen bewusst eingesetzt werden.

  • Standardisierung von Bildschirminhalten: d.h. es sollen konsistente Formate verwendet, wichtige Informationen an prominenten Orten dargestellt und Hintergrundinformationen nur bei Bedarf eingeblendet werden.

  • Präsentation von Text: d.h. die Groß- und Kleinschreibung soll beachtet und richtig verwendet werden.

  • Präsentation von Graphiken: d.h. komplexe und veränderliche Daten sollen illustriert werden und direkte Manipulation soll zur Exploration von Daten verwendet werden.

  • Widgets: d.h. standardisierte Benutzungsoberflächenbestandteile sollen die Wiedererkennung bei Benutzerinnen und Benutzer unterstützen und den Lernaufwand reduzieren.

  • Menüs: d.h. spezifische Menüarten sollen richtig eingesetzt werden (z.B.: Pull-Down für Hauptmenüs, Pop-Up für Kontextmenüs) und adäquate Gruppierungen von Menüeinträgen sollen erfolgen (laut ISO 9241 soll ab 9 Menüeinträgen eine Gruppierung vorgenommen werden, wobei ungefähr die Quadratwurzel der Anzahl der Menüeinträge als Anzahl der Menügruppen genommen werden soll; also ca. 3 Gruppen für ca. 9 Einträge, ca. 4 Gruppen für ca. 16 Einträge).

  • Icons: sollen als kleine symbolische Repräsentationen verstanden werden, abstrakte Darstellung bevorzugen (z.B.: nicht zu viele Details auf zu kleinem Raum darstellen).

Während man bei der Dialoggestaltung in klassischen Computerprogrammen bereits über Jahrzehnte Erfahrungen sammeln konnte, steckt die Dialoggestaltung in anderen Bereichen noch in den Kinderschuhen. Neue Möglichkeiten, aber auch besonderen Herausforderungen, entstehen hier insbesondere durch neue Hardwareformfaktoren. Beispielsweise bedarf es sowohl bei sehr kleiner Hardware wie etwa bei Smartphones bzw. Smartwatches (etwa durch Probleme mit Verdeckung bei Fingerberührungen) als auch bei sehr großer Hardware wie SmartBoards (etwa durch Bildschirmteile außerhalb der Reichweite) neuer Lösungen für ein effektives und effizientes Zusammenspiel von Ein- und Ausgabe.


Literatur

Hammond, Judy ; Gross, Tom ; Wesson, Janet (Hrsg.): Usability: Gaining a Competitive Edge. Dordrecht: Kluwer Academic Publishers, 2002.

ISO/IEC: ISO 9241: Ergonomics of Human-System Interaction. International Organization for Standardization, http://www.iso.org/, 2006. (letzter Zugriff: 18.9.2016).

Preece, Jennifer ; Rogers, Yvonne ; Sharp, Helen: Interaction Design: Beyond Human-Computer Interaction. New York: Wiley, 2007.

Norman, Donald A: The Design of Everyday Things. New York: Doubleday/Currency, 1988.

Schneider, Wolfgang: Ergonomische Gestaltung von Benutzungsschnittstellen: Kommentar zur Grundsatznorm DIN EN ISO 9241-110. Berlin: DIN – Deutsches Institut für Normung e.V. / Beuth Verlag GmbH, 2008.

 

Hier weiterverbreiten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert