Peter Nyhuis (unter Mitarbeit von Matthias Schmidt, Sebastian Bertsch)
Die Einhaltung von
zugesagten Terminen gegenüber Kunden ist zu einem entscheidenden
Erfolgskriterium im globalen Wettbewerb geworden. Um Unternehmen zu befähigen,
ihre Terminperformance quantitativ zu bewerten, wurden am Institut für
Fabrikanlagen und Logistik (IFA) der Leibniz Universität Hannover die
Termineinhaltungskennlinien entwickelt, die in diesem Beitrag vorgestellt werden.
Zunächst wird ein
Überblick über die Zusammenhänge zwischen den wichtigen Terminen und
Terminabweichungen im Auftragsdurchlauf gegeben (vgl. Abb. 1).
Anschließend werden die Termineinhaltungskennlinien qualitativ hergeleitet. Nach
Bekanntwerden eines Produktionsauftrags wird für diesen ein Plan-Starttermin ermittelt.
Der Plan-Starttermin ist dem Bekanntheitstermin um einen dispositiven Vorlauf
nachgelagert. Die Zugangsterminabweichung des Auftrags ist die Differenz
zwischen dem Ist- und dem Plan-Starttermin. Der in Abb. 1 eingetragene
Bedarfstermin entspricht einem dem Kunden zugesagten Auslieferungstermin.
Analog zur Terminierung des Auftragsstarts wird dem Bedarfstermin ein
Plan-Fertigstellungstermin vorgelagert. Die Zeitspanne zwischen dem
Bedarfstermin und dem Plan-Fertigstellungstermin wird als dispositiver Nachlauf
oder auch Sicherheitszeit bezeichnet und entspricht einem zeitlichen Puffer.
Die Differenz zwischen dem Ist- und dem Plan-Fertigstellungstermin wird als
Terminabweichung der Auftragsfertigstellung bezeichnet.
Mit dem Ziel einer
hohen Termineinhaltung können in der Produktionsprogrammplanung Sicherheitszeiten
eingeplant werden. Eine Sicherheitszeit von einer Woche führt beispielsweise
dazu, dass alle Aufträge mit einer bis zu einer Woche verspäteten Fertigstellung
zum Bedarfstermin zur Verfügung stehen und termingerecht geliefert werden
können. Diese erhöhte Termineinhaltung gegenüber dem Kunden wird durch eine erhöhte
Lieferzeit und gestiegene Fertigwarenbestände erkauft. Die quantitativen Zusammenhänge
zwischen Termineinhaltung, Lieferzeitpuffer und Fertigwarenbestand werden durch
die Termineinhaltungskennlinien beschrieben.
Abb. 1 Termingrößen im Auftragsdurchlauf
Nachfolgend wird das
Modell der Termineinhaltungskennlinien qualitativ hergeleitet. In Abb. 2 ist
eine exemplarische Terminsituation der Auftragsfertigstellung dargestellt. In
den drei Histogrammen wird die Terminabweichung aller Aufträge eines
Produktionsunternehmens aus einem Untersuchungszeitraum von einem Jahr dargestellt.
Abhängig von einer variierenden Sicherheitszeit werden die pünktlich
fertiggestellten Aufträge dunkel markiert. Im Fall a beträgt die Sicherheitszeit
null Tage. Lediglich Aufträge mit einer Terminabweichung von null Tagen oder
einer verfrühten Fertigstellung können rechtzeitig zum Bedarfstermin an den
Kunden geliefert werden. Die Termineinhaltung in dieser Situation entspricht
dem relativen Anteil aller Aufträge, die mit einer Terminabweichung von null
oder weniger Tagen (negative Werte: Auftragsfertigstellung vor Plantermin) fertiggestellt
wurden. Dieser Wert (36%) kann aus der kumulierten Häufigkeitsverteilung des
Histogramms abgelesen werden, die im mittleren Teil von Abb. 2 links dargestellt
ist. Im Fall b wird die Sicherheitszeit auf sechs Tage erhöht. Hierdurch können
weitere Aufträge (insgesamt 69%) pünktlich zum Bereitstellungstermin
fertiggestellt werden. Im letzten Fall c entspricht die Sicherheitszeit der
maximalen positiven Terminabweichung, so dass alle Aufträge pünktlich
fertiggestellt werden.
Die Veränderung der
Sicherheitszeit führt einerseits dazu, dass die Lieferzeit entsprechend erhöht
wird. Andererseits steigt der Bestand an fertigen Aufträgen, da ein vorzeitig
fertiggestellter Auftrag bis zu seinem Bedarfstermin im Fertigwarenlager
verweilt, bevor er versendet wird.