E-Learning Standards sind im Konsens verabschiedete Beschreibungen wie etwa Daten-, Informations- oder Prozessmodelle, die die Interoperabilität, Portabilität oder Qualität von Lehr- und Lernprozessen unterstützen.
Klassifikation
E-Learning / Lerntechnologie-Standards sind ein Oberbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Spezifikationen in der Domäne E-Learning mit der Zielsetzung, Lehr-, Lern- und Administrationsprozesse sowie damit verbundene Systeme transparent und interoperabel zu gestalten.
Unter dem Oberbegriff versteht man sowohl:
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Standards: Meist von Konsortien entwickelte Beschreibungen, die von einer hinreichend großen Anzahl von Nutzern akzeptiert und verwendet werden.
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Normen: Beschreibungen, die von einem formalen Normungsgremium (DIN in Deutschland, CEN in Europa, ISO/IEC und IEEE international) im Konsens verabschiedet wurden. Im englischen Sprachraum werden Normen ebenfalls als Standards bezeichnet.
Die Abgrenzung von E-Learning Standards ist bisher nicht vereinheitlicht (siehe Abbildung 1). Als E-Learning Standards im engeren Sinne versteht man Standards, die Funktionen oder Gestaltung von Komponenten von Lern-Prozessen oder –Systemen beschreiben. E-Learning Standards im weiteren Sinne umfassen zusätzlich übergeordnete Standards und verwandte Standards. Übergeordnete Standards beschreiben eine konzeptuelle oder begriffliche Basis (etwa Vokabular oder Architekturen), während verwandte Standards aus angrenzenden Bereichen stammen und im Zusammenhang von Lehr- und Lernprozessen verwendet werden (etwa Technologiestandards oder rechtliche Standards). Für eine umfassende Diskussion der einzelnen Standards vgl. [Ehlers, Pawlowski 2006] oder das Learning Technology Standards Observatory . Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal sind Reifegrad und Akzeptanz von Standards.
Abb.1: Klassifikation von E-Learning Standards
Funktionale / Komponenten-Standards
Funktionale sowie Komponentenstandards sind beschreibende Spezifikationen, die einzelne Prozesse oder Systemkomponenten sowie Schnittstellen in Form von Informations- und/oder Datenmodellen beschreiben.
Inhalte
Inhaltsstandards beschreiben Lernressourcen bzw. Lerninhalte in vereinheitlichtem Format, um diese auffindbar, austauschbar und rekombinierbar zu machen. Aktuelle Ansätze wie etwa Learning Object Metadata (LOM) des IEEE Learning Technology Standards Committee (IEEE LTSC) beschreiben Lerninhalte mithilfe von Metadaten, damit diese etwa in Repositories einfach auffindbar sind.
Aktoren / Kompetenzen
Aktorenstandards beschreiben Eigenschaften und Charakteristika der am Lernprozess beteiligten Aktoren. Als exemplarische Spezifikation ist die Spezifikation “Integrating Learning Outcomes and Competences” (INLOC) zu nennen, das Kompetenzbeschreibungen, -niveaus und korrespondierende Taxonomien beschreibt. Ein weiterer Standard umfasst Richtlinien zur Mobilität (European Learner Mobility des CEN). Diese Spezifikation umfasst und harmonisert verschiedene europäische Spezifikationen und Konzepte (European Qualification Framework, European Credit Transfer System, Europass, etc.).
Didaktische Standards
Didaktische Standards beschreiben didaktischer Konzepte und Methoden. Dies umfasst etwa Aktivitäten (z.B. Einführung, Gruppenaufgabe) und verwendete Ressourcen (z.B. Lernobjekte, Folien). Die wichtigste Spezifikation ist Learning Design des IMS Konsortiums, die jedoch nur eine geringe Verbreitung hat.
Management Standards
Management-Standards umfassen Konzepte und Formate, um Austausch und Übertragung zwischen verschiedenen Systemklassen, insbesondere Lernressourcen und Lernplattformen zu ermöglichen. Wichtigste Entwicklungen sind das Sharable Content Object Reference Model (SCORM) und Content Packaging (IMS CP) sowie Common Cartridge (IMS CC) des IMS Konsortiums. Diese Standards ermöglichen das Zusammenfassen einzelner Lernressourcen zu einem Package, die Ablaufsteuerung und Datentransfer.
Föderation
Föderations-Standards ermöglichen den Zugriff auf unterschiedliche Repositories. Ein Referenzmodell bietet der Standard Digitial Repositories Interoperability (IMS DRI). Zur Suche in verschiedenen Repositories dient das Simple Query Interface, zur Veröffentlichung das Simple Publishing Interface des CEN/ISSS Workshops Learning Technologies. Weiterhin werden in dieser Klasse verwandte Standards genutzt, etwa das Protocol for Metadata Harvesting der Open Archives Initiative (OAI-PMH).
Qualität
Als übergeordnete Standards werden verschiedene Ansätze des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung genutzt. Das „Reference Model for the Description of Quality Approaches (RFDQ)“ (ISO/IEC 19796-1:2005) der internationalen Standardisierungsgruppe ISO/IEC JTC1 SC36 ist ein Ansatz, um organisationsspezifische Qualitätsentwicklung zu beschreiben.
Fazit
Generell lässt sich folgern, dass Spezifikationen und Standards für die wichtigsten Komponenten von E-Learning-Systemen vorhanden sind. Nur wenige Standards sind aktuell weit verbreitet (z.B. LOM). Die beschriebenen Standards bieten zwar Möglichkeiten für interoperable Lernumgebungen, dennoch muss die Verbreitung noch zunehmen, um die Basis für interoperable Systeme zu bieten. Es wird jedoch zusätzlich proprietäre Lösungen geben, die Standards nicht nutzen. Insgesamt sind vollständige, interoperable Systeme mithilfe von Standards abbildbar und realisierbar. Dennoch sind weitere Entwicklungen in den nächsten Jahren (wie etwa weitere Metadatenspezifikationen, Kontextbeschreibungen oder Architekturstandards) zu erwarten.
Literatur
Hoel, T., Hollins, P.A. & Pawlowski, J.M.: On the Status of Learning Technology Specifications and Standards,International Journal of IT Standards and Standardization Research, 8 (2), 2010.
Ehlers, Ulf-Daniel, Pawlowski, Jan Martin (Hrsg.): European Handbook of Quality and Standardisation in E-Learning. Berlin, Heidelberg: Springer, 2006