Bibtex

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  Year    = "2019", 
  Title    = "MRP II", 
  Author    = "", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/inner-und-ueberbetriebliche-informationssysteme/sektorspezifische-anwendungssysteme/mrp-ii/", 
  Note    = "[Online; Stand 21. November 2024]",
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MRP II

Karl Kurbel


Manufacturing Resource Planning, meist als MRP II bezeichnet, ist ein ganzheitlicher Ansatz für die markt- und ressourcenorientierte Planung der Absatz-, Produktions- und Bestandsmengen auf Basis des Geschäftsplans. Im deutschsprachigen Raum spricht man i.d.R. von Produktionsplanung und -steuerung (PPS).

Begriff

MRP II bedeutet Manufacturing Resource Planning. Die Grundidee des Erfinders von MRP II, Oliver Wight, ist eine ganzheitliche markt- und ressourcenorientierte Planung der Absatz-, Produktions- und Bestandsmengen [Wight 1984, S. 53 f.]. Die Vereinigung APICS definiert MRP II wie folgt [APICS 2011]:

MRP II ist eine Methode zur effektiven Planung aller Ressourcen eines Fertigungsunternehmens. Im Idealfall unterstützt es die operative Planung in Mengeneinheiten sowie die finanzielle Planung in Geldeinheiten und besitzt eine Simulationskomponente zur Beantwortung von What-if-Fragen.

Im deutschsprachigen Raum sprach man i.d.R. nicht von MRP II, sondern von PPS (Produktionsplanung und -steuerung) [Kurbel 2011, S. 11]. Die Untersuchungsgegenstände und die entsprechenden Anwendungssysteme (MRP-II-Systeme bzw. PPS-Systeme), waren jedoch im Wesentlichen identisch.

Entstehung von MRP II

Bereits in den 60er Jahren wurden Anwendungssysteme für Aufgaben der Materialwirtschaft entwickelt. Ihre Hauptaufgabe war die Materialbedarfsplanung (Material Requirements Planning – MRP). Etwas verkürzt ausgedrückt lautete die zentrale Fragestellung: Welcher Materialbedarf (= Sekundärbedarf) entsteht, um ein bestimmtes Produktionsprogramm (= Primärbedarf) herzustellen, und wie kann dieser Bedarf gedeckt werden?

Die im MRP geplanten Mengen weisen eine entscheidende Schwachstelle auf: Man weiß nicht, ob sie sich realisieren lassen, da die Produktionskapazitäten bei der Planung nicht berücksichtigt wurden. Diese Schwachstelle ging Oliver Wight zunächst mit dem Closed Loop MRP an. Im Kern wird hierbei die Ausführung der Pläne und daraus resultierender Korrekturbedarf mit der Planung rückgekoppelt, und die Kapazitätsbedarfsplanung wird miteinbezogen [Wight 1984, S. 47 f.].

“MRP II results in management finally having the numbers to run the business“
[Wight 1984, S. 54]

Der Schritt von Closed Loop MRP zu MRP II ist mehr ein paradigmatischer als ein planungstechnischer. Das Hauptanliegen ist die Einbindung des Topmanagement in die Produktionsplanung. Als Ziel von MRP II wird eine durchgängige Planung – vom Geschäftsplan über den Absatzplan bis zum Produktionsplan – angestrebt.

Planungs- und Steuerungslogik

Wie in Abbildung 1 dargestellt, erfolgt zunächst auf der Grundlage der langfristigen Absatz- und Produktionsplanung (Sales and Operations Planning) die Planung des Produktionsprogramms. Dazu werden in einer Bedarfsplanung die voraussichtlichen Absatzmengen unter Berücksichtigung von Kundenaufträgen prognostiziert (Demand Management) und der Kapazitätsbedarf und das Kapazitätsangebot auf einer hohen Aggregationsstufe grob abgeglichen (Rough-cut Capacity Planning).

 MRP II

Abb. 1: Planungs- und Steuerungslogik in MRP II (in Anlehnung an [Wight 1984, S. 54])

Die Produktionsprogrammplanung kann zwei Stufen umfassen, einmal auf Produktgruppenebene (Aggregate Production Planning), zum andern auf Enderzeugnisebene (Master Production Scheduling).

Das Produktionsprogramm bildet den Ausgangspunkt für die Materialbedarfsplanung (Material Requirements Planning), in der die benötigten Mengen an Baugruppen, Einzelteilen und Rohmaterialen bestimmt werden. Die erforderlichen und die vorhandenen Kapazitäten werden im Rahmen der Kapazitätsbedarfsplanung (Capacity Requirements Planning) abgeglichen.

Die letzte Stufe von MRP II beinhaltet die Ausführung der Pläne im Rahmen der Werkstattsteuerung (Shop Floor Control). Sie hat die Aufgabe, die Fertigungsaufträge kurz vor dem geplanten Startdatum freizugeben und auszuführen.

Gegenüber der ursprünglichen Konzeption von MRP II, die in Abbildung 1 dargestellt ist, beginnt die Unterstützung durch MRP-II- bzw. PPS-Systeme mit der Produktionsprogrammplanung (Primärbedarfsplanung) auf Enderzeugnisebene, was dem Master Production Scheduling entspricht. Das heißt, die Systeme unterstützen im engeren Sinne Closed Loop MRP (und nicht MRP II).

Voraussetzungen für MRP II

MRP II geht davon aus, dass wesentliche Planungsparameter wie Kapazitäten, Durchlaufzeiten der Aufträge und Bearbeitungszeiten mit hoher Sicherheit prognostizierbar sind. Produktionsengpässe müssen sich grundsätzlich durch Kapazitätsanpassungen überwinden lassen. Vor allem muss es aber möglich sein, das Produktionsprogramm mit hinreichender Genauigkeit vorherzusagen, was wiederum eine zuverlässige Absatzprognose bzw. -planung erfordert. Diese Voraussetzungen sind idealtypisch bei Massen- oder Großserienfertigung am ehesten erfüllt [Kurbel 2011, S. 133].

Heutiger Stand

MRP II war früher eine eigenständige Konzeption zur Planung und Steuerung in Industrieunternehmen. Sie ist heute in den umfassenderen Ansatz des Enterprise Resource Planning (ERP) integriert. MRP-II- und PPS-Systeme sind weitgehend in den ERP-Systemen aufgegangen. Das heißt, MRP-II-Funktionalität, die auch weiterhin den Kern der industriellen Planung und Steuerung ausmacht, wird heute durch die gängigen ERP-Systeme und nicht mehr durch dedizierte MRP-II-Systeme unterstützt.


Literatur

APICS: APICS Dictionary, 14th Edition. Chicago : APICS 2014 (Online-Version: http://www.apics.org/industry-content-research/publications/apics-dictionary, Abruf 11.7.2014).

Kurbel, Karl E.: Enterprise Resource Planning and Supply Chain Management –Functions, Business Processes and Software for Manufacturing Companies. Berlin : Springer 2013.

Kurbel, Karl: Enterprise Resource Planning und Supply Chain Management in der Industrie, 7. Auflage. München : Oldenbourg 2011.

Wight, Oliver W.: Manufacturing Resource Planning: MRP II – Unlocking America’s Productivity Potential, Revised Edition. New York : Wiley 1984

 

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