Die Betriebsdatenerfassung (BDE) dient der Erfassung und Ausgabe betrieblicher Daten in maschinenverarbeitbarer Form. Die Daten werden dabei entweder automatisch oder manuell erfasst, um sie am Ort ihrer Verarbeitung zur Verfügung zu stellen. BDE umfasst neben der Erfassungs- und Ausgabefunktionalität zusätzlich noch bestimmte Vorverarbeitungs- und Aufbereitungsfunktionalität. BDE ist eine notwendige Voraussetzung für eine Automatisierung der Fertigungssteuerung.
Motivation und Begriff
Korrekte und aktuelle Ist-Daten aus dem Produktionsprozess sind für die Erstellung und Anpassung von Plänen durch PPS-Komponenten von ERP-Systemen als auch durch Leitstände und Manufacturing Execution Systems (MES) zwingend erforderlich. BDE ist die Menge der Maßnahmen, die notwendig sind, um betriebliche Daten eines Unternehmens am Ort ihrer Verarbeitung in maschinenverarbeitbarer Form bereitzustellen. Neben den eigentlichen Erfassungs- und Ausgabevorgängen werden auch Vorverarbeitungs- und Aufbereitungsfunktionalität als Bestandteil der BDE angesehen [Kurbel 2005, S. 298]. Unter einem BDE-System wird eine Menge von Hard- und Softwarekomponenten verstanden, die Erfassungs- und Ausgabefunktionalität für betriebliche Daten mit Hilfe von automatisch arbeitenden Datengebern (Sensoren) oder manuell bedienbaren Erfassungsstationen in einem Produktionsbetrieb zur Verfügung stellen.
Betriebsdaten
Daten, die im betrieblichen Alltag eines Produktionsunternehmens anfallen, werden als Betriebsdaten bezeichnet. Die folgenden Kategorien von Betriebsdaten lassen sich unterscheiden [Kurbel 2005, S. 299 f.]:
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Auftragsdaten umfassen die Start- und Endtermine der mit dem Produktionsauftrag assoziierten Arbeitsgänge, Zeitkomponenten, die den Durchlauf des Auftrags durch die Produktion beschreiben, den Bearbeitungszustand, gefertigte Mengen, den zur Produktion notwendigen Personaleinsatz sowie Fremdleistungen.
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Personaldaten dienen der Erfassung von An- und Abwesenheitszeiten. Außerdem wird die zeitliche Zuordnung von Personal, Betriebsmitteln und Produktionsaufträgen sowie die Leistung des Personals unter den Gesichtspunkten der hergestellte Mengen und Qualität ermittelt.
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Betriebsmitteldaten erfassen unter anderem Stillstands- und Laufzeiten, die Informationen bezüglich Störungen und deren Ursachen, durchgeführte Wartungen sowie gefertigte Mengen.
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Werkzeug- und Vorrichtungsdaten umfassen den Ort und den Zeitpunkt der Verwendung, Entnahmen, Zustand sowie Informationen über Defekte.
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Lager- und Materialdaten erfassen den Zugang, den Bestand sowie den Verbrauch von verbrauchsgesteuerten disponierbaren Teilen sowie von Reservierungen für diese.
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Qualitätsdaten stellen Fehlerkennziffern, Ursachen für Ausschuss, Ergebnisse von Qualitätsanalysen sowie Prüfwerte zur Verfügung.
Bei einigen Datenkategorien ergeben sich Überschneidungen zu anderen Anwendungsbereichen, z. B. Bruttolohnerfassung und Lagerwirtschaft, so dass eine funktionale Abstimmung erforderlich ist.
Durchführung der Betriebsdatenerfassung
BDE-Systeme werden typischerweise direkt am Fertigungsarbeitsplatz in der Produktion betrieben, um Daten über den Auftragsfortschritt an elektronische Leitstände oder MES zu übertragen. Außerdem werden Betriebsdaten auch ERP-Systemen zur Verfügung gestellt. Weiterhin werden die Betriebsdaten auch in technischen Systemen wie automatischen Transportsystemen benötigt. Die Betriebsmittel erzeugen entweder automatisch Rückmeldungen oder es werden Belege als Datenträger verwendet. Barcodes und RFID stellen weitere Technologien dar, die im BDE-Umfeld verbreitet sind. BDE-Terminals sind Spezialgeräte, die eine möglichst einfache Erfassung von Betriebsdaten ermöglichen sollen. Neben der reinen Erfassung findet in BDE-Terminals häufig auch eine Vorverarbeitung der Eingabedaten zum Beispiel in Form von Plausibilitätsüberprüfungen statt. Mobile Erfassungsgeräte gewinnen an Bedeutung [Kurbel, Dabkowski, Jankowska 2003].
Eine Aufbereitung, Verdichtung bzw. Weiterleitung an geeignete Empfänger findet auf speziellen BDE-Rechnern statt. BDE-Rechner und BDE-Terminals bilden zusammen ein BDE-System. Als eine wesentliche Aufbereitungsaufgabe kann die Erzeugung entsprechender Statistiken und Auswertungen angesehen werden.
Betriebsdaten werden entweder online erfasst oder zunächst in BDE-Terminals gesammelt und nur periodische an die Empfängersysteme übertragen. Durch die Online-Erfassung wird insbesondere sichergestellt, dass die erfassten Betriebsdaten aktuell sind und im Rahmen der Fertigungssteuerung verwendet werden können. Eine Erfassung in Echtzeit bestimmt wesentlich die Qualität der Daten. Eine Offline-Erfassung ist unter anderem sinnvoll, wenn BDE-Ergebnisse zur Ermittlung von Kosten für Produktionsvorgänge verwendet werden sollen [Mertens 2001, S. 259].
BDE-Systeme stellen Schnittstellen zu ERP-Systemen, MES und Leitständen sowie zu betriebswirtschaftlichen Administrationssystemen und technischen Anwendungssystemen zur Verfügung. Häufig liegt partiell eine Überschneidung mit der Funktionalität von ERP-Systemen und Leitständen vor. Im Rahmen von MES ist BDE ein wesentlicher Bestandteil derartiger Systeme.
Literatur
Kurbel, Karl: Produktionsplanung und –steuerung im Enterprise Resource Planning and Supply Chain Management. 6. Auflage. München, Wien : Oldenbourg Verlag, 2005.
Kurbel, Karl ; Dabkowski,Andrzej ; Jankowska, Anna Maria: A Multi-tier Architecture for Mobile Enterprise Resource Planning. In: Uhr, W. et al. (Hrsg.): Wirtschaftsinformatik 2003/Band I – Medien, Märkte, Mobilität. Heidelberg : Physica-Verlag, 2003, S. 75-93.
Mertens, Peter: Integrierte Informationsverarbeitung 1: Operative Systeme in der Industrie. 13. Auflage, Wiesbaden : Gabler, 2001