Stammdatenmanagement als Teilbereich des Informationsmanagements stellt eine komplexe Aufgabe dar und umfasst alle strategischen, organisatorischen, methodischen und technologischen Aktivitäten in Bezug auf die Stammdaten eines Unternehmens. Seine Aufgabe ist die Sicherstellung der konsistenten, vollständigen, aktuellen, korrekten und qualitativ hochwertigen Stammdaten zur Unterstützung der Leistungsprozesse eines Unternehmens.
Unternehmensdaten sind alle Daten, die die im betrieblichen Kontext genutzt werden. Eine Unterscheidung von Unternehmensdaten nach dem Verwendungszweck und der Veränderbarkeit führt zu vier grundlegenden Datenarten [Schemm 2009]:
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Zustandsdaten
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Stammdaten
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Bestandsdaten
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Abwicklungsdaten
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Bewegungs- bzw. Transaktionsdaten
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Änderungsdaten
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Hinsichtlich der Veränderbarkeit unterscheidet man dynamische und (semi-) statische Unternehmensdaten. Dynamische Unternehmensdaten sind Bestandsdaten, Bewegungs- bzw. Transaktionsdaten sowie Änderungsdaten. Im Gegensatz dazu sind Stammdaten semi-statische Daten, die eigenschafts- bzw. zustandsorientiert sind [Otto, Hüner 2009; Schemm 2009] und wesentliche Charakteristika von Objekten der realen und/oder betrieblichen Welt beschreiben, z.B. Kunden, Lieferanten, Produkte. Somit stellen Stammdaten die Beschreibung wesentlicher betriebswirtschaftlicher Betrachtungseinheiten bzw. Objekte dar, auf denen die Geschäftstätigkeiten eines Unternehmens basieren [Mertens et al. 2004]. In diesem Sinne sind Stammdaten die Grunddaten eines Unternehmens über diese Betrachtungseinheiten, bilden die Grundlage für sämtliche Unternehmensprozesse und –funktionen und können somit als ein Erfolgsfaktor der Unternehmensleistung angesehen werden. Unternehmensleistungen können somit nicht optimal erbracht werden, wenn die Stammdaten inkonsistent, unvollständig, veraltet, fehlerhaft oder schlicht nicht verfügbar sind.
Management umfasst die Organisation und Koordination aller Unternehmensaktivitäten in Einklang mit unternehmensübergreifenden und unternehmensspezifischen Richtlinien zur Erreichung unternehmerischer Ziele. Überträgt man diesen allgemeinen Managementbegriff auf Stammdaten, so umfasst das Stammdatenmanagement alle strategische, organisatorische, methodische und technologischen Aktivitäten in Bezug auf die Stammdaten eines Unternehmens. Somit ist die Sicherstellung der konsistenten, vollständigen, aktuellen, korrekten und qualitativ hochwertigen Stammdaten Aufgabe des Stammdatenmanagements.
Dabei unterscheidet man bei Stammdatenmanagement einerseits das unternehmensweite sowie das zwischenbetriebliche Stammdatenmanagement.
Zur Umsetzung des unternehmensweiten Stammdatenmanagements wurde ein dreistufiges Gestaltungsmodell für das unternehmensweite Stammdatenmanagement vorgeschlagen, welches die Bereiche Strategie, Organisation und Systeme adressiert und somit die oben aufgeführten Aktivitäten abdeckt [Otto, Hüner 2009].
Quelle: Otto, Hüner 2009
Dabei stehen die organisatorischen Aspekte des Stammdatenmanagements mit dem Führungssystem, welches Kennzahlen für die Datenqualität als Zielkriterien eines Stammdatenmanagements definiert, sowie die Verankerung der Stammdatenmanagements in Aufbau- und Ablauforganisation besonders im Fokus. Ansätze im Rahmen der aufbauorganisatorischen Eingliederung des Stammdatenmanagements sind [Schemm 2009]:
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Organisation als Stabstelle der Unternehmensleitung,
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Organisation als eigene Abteilung sowie
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Organisation als Matrix.
Im Gegensatz dazu gibt es für die Ablauforganisation innerhalb des Stammdatenmanagements unterschiedliche Vorschläge. So wird z. B. die Unterscheidung in die Phasen Datenplanung, Datenbeschaffung, Datenorganisation, Datennutzung, Datenentsorgung, Datenqualitätsmanagement sowie Datencontrolling vorgeschlagen [Schemm 2009]. Im Gegensatz dazu wird z. B. eine Funktionsarchitektur mit sechs Funktionskategorien unterteilt in 19 Funktionsbereiche und 72 Funktionen vorgeschlagen [Otto, Hüner 2009].
Aufgrund der hohen Komplexität des Stammdatenmanagements kann eine konsolidierte Sicht auf Stammdaten heute nur noch durch eine systemseitige Unterstützung der IT sichergestellt werden. Systeme, die eine solche Sicht auf Stammdaten bieten können, sind Stammdatenmanagementsysteme. Neben der Unterstützung des unternehmensweiten Stammdatenmanagements kann ebenfalls das zwischenbetriebliche Stammdatenmanagement unterstützt werden. Stammdatenmanagementsysteme weisen in der Praxis grundlegende Architekturvarianten auf [Spath, Weisbecker 2009]:
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Single point of thruth mit einem führenden System,
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Verzeichnisstruktur mit Referenzen auf Systeme,
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Zentrales Stammdatenmanagement mit einer Hub-and-Spoke-Architektur,
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Peer-to-Peer-Architektur.
Die Einführung des Stammdatenmanagements in Unternehmen kann im Rahmen einer Vorgehensweise mit sechs Schritten (Datenanalyse, Datenmodell, Datenqualität, Datenintegration, Datenanreicherung und Datenkontrolle) erfolgen [Spath, Weisbecker 2009].
Während sich das unternehmensweite Stammdatenmanagement auf die Bewirtschaftung der Stammdaten im Rahmen des Informationsmanagements konzentriert, treten beim zwischenbetrieblichen Stammdatenmanagement Fragen der Standardisierung von Stammdaten (z.B. Produktklassifikationen) sowie den Schnittstellen für den Datenaustausch (z.B. Produktkataloge für Artikelstammdaten) in den Vordergrund.
Literatur
Krcmar, H.: Informationsmanagement. Fünfte Auflage. Berlin: Springer. 2010.
Mertens, P.; Bodendorf, F.; König, W.; Picot, A.; Schumann, M.; Hess, T.: Grundzüge der Wirtschaftsinformatik. Berlin: Springer. 2004.
Otto, B.; Hüner, K. M.: Funktionsarchitektur für unternehmensweites Stammdatenmanagement. Bericht Nr. BE HSG/CC CDQ / 14. Universität St. Gallen. 2009.
Schemm, J. W.: Zwischenbetriebliches Stammdatenmanagement. Berlin: Springer. 2009.
Spath, D.; Weisbecker, A. (Hrsg.); Kokemüller, J.: Stammdaten-Managementsysteme 2009. Stuttgart: Fraunhofer Verlag. 2009.