Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "Software-Ergonomie", 
  Author    = "Gross, Prof. Dr. Tom", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/entwicklung-und-management-von-informationssystemen/systementwicklung/management-der-systementwicklung/software-qualitaetsmanagement/software-ergonomie/", 
  Note    = "[Online; Stand 21. November 2024]",
}

Software-Ergonomie

Tom Gross


Die Software-Ergonomie beschäftigt sich mit der Gebrauchstauglichkeit von interaktiven Software-Systemen. Als interaktives Software-System wird dabei eine Einheit verstanden, die von den Benutzerinnen und Benutzern Eingaben entgegennimmt und unmittelbare Rückmeldungen gibt.

In der Software-Ergonomie wurden „Theorien und Methoden für die Analyse, Modellierung, Gestaltung sowie Evaluation erarbeitet, die dabei unterstützen sollen, computerbasierte Werkzeuge … in anwendungs- und benutzergerechter Weise zu konzipieren, zu realisieren und zu testen“ [Herczeg 2009, p. 6].

Die Kriterien zur Bewertung der Ergonomie werden auf verschiedene Arten festgelegt. Seit den 1970er Jahren sind viele Prinzipien für die Gestaltung interaktiver Systeme entwickelt und vorgeschlagen worden. Einer der prominentesten Vertreter für Prinzipien ist Donald Norman, der die folgenden vorschlägt [Norman 1988]:

  • Sichtbarkeit: die relevanten Teile der Software sollen zum richtigen Zeitpunkt hervorgehoben werden.

  • Rückmeldung: über den Ausgang einer Benutzeraktion sollen – im Erfolgs- wie im Misserfolgsfall – Informationen ausgegeben werden.

  • Einschränkungen: nur zulässige und sinnvolle Aktionen sollen ermöglicht werden.

  • Abbildung: eine logische Korrespondenz zwischen dem mentalen Modell der Benutzerinnen und Benutzer und der tatsächlichen Funktionsweise des Systems soll gegeben sein.

  • Konsistenz: gleiche oder ähnliche Aufgaben sollen mit gleicher oder ähnlicher Benutzungsoberfläche und gleichen oder ähnlichen Operationen durchgeführt werden können.

  • Eigenheiten: Softwareanwendungen sollen selbsterklärend so gestaltet werden, dass die Benutzerinnen und Benutzer einen richtigen Eindruck haben und eingeladen werden das Richtige zu tun.

Normen und Standards sind oft von Prinzipien abgeleitet und fundiert durch die Erfahrungen von Experten. Es gibt einige Normen und Standards der Internationalen Standardisierungs-Organisation ISO (siehe auch Normierungsgremien). Die ISO-Norm 9241 zur „Ergonomie der Mensch-System-Interaktion“ [ISO/IEC 2006] legt für die Gebrauchstauglichkeit, welche auch in der deutschen Sprache zunehmend Usability genannt wird, die folgenden drei Kriterien fest:

  • Effektivität: misst die Genauigkeit und Vollständigkeit der Zielerreichung der Benutzerinnen und Benutzer.

  • Effizienz: misst die Ressourcen, die die Benutzerinnen und Benutzer zur Zielerreichung einsetzen müssen.

  • Zufriedenheit: misst die Freiheit der Benutzerinnen und Benutzer von Unannehmlichkeiten sowie die positive Haltung der Benutzerinnen und Benutzer bei der Verwendung der Software.

Weitere Normen und Standards betreffen die Sicherheit, die Erlernbarkeit, die Flexibilität, die Robustheit usw. von Software.

Guidelines sind konkrete Regeln für die Überprüfung der Softwarequalität. Beispielsweise haben Shneiderman el al. [2009] im Rahmen ihrer acht goldenen Regeln u.a. informative Rückmeldungen, welche zu jeder Benutzereingabe adäquates Feedback verlangen, vorgeschlagen.

Prinzipien, Normen und Standards sowie Guidelines sind nicht immer klar voneinander abgrenzbar, sondern überlappen an manchen Stellen.

Die Software-Ergonomie verwendet Vorgehensweisen, die in der Software-/Systementwicklung angewendet werden, betont in ihren Methoden allerdings stets die Einbeziehung der Benutzerinnen und Benutzer [Hammond et al. 2002]. Im konzeptionellen Entwurf (siehe auch: Dialogentwurf) erfolgt die erste Festlegung, wie die Software gestaltet sein soll und was die Software können soll. Dabei werden die Benutzeranforderungen und -wünsche in ein konzeptionelles Modell überführt. Ein konzeptionelles Modell wird in der Software-Ergonomie definiert als die Beschreibung des vorgeschlagenen Software-Systems als Festlegung der integrierten Ideen und Konzepte bezüglich seines Verhaltens und seines Aussehens. Im Prototyping werden Entwürfe und Systeme für die Endbenutzer veranschaulicht. Dies reicht von simplen Storyboards bis zu komplexen Software-Systemen, von 3D-Skizzen aus Karton zu gepresstem Metall. Die Konstruktion bezeichnet die eigentliche Entwicklung der Software, die idealerweise nach dem abgeschlossenen Prototyping erfolgt. Die Evaluation ist die Beurteilung des Software-Systems durch die Benutzerinnen und Benutzer. Es werden prinzipiell zwei Evaluationsarten unterschieden: die formative Evaluation wird während der Softwareentwicklung durchgeführt und kann zu Änderungen in der Software führen und die summative Evaluation wird am Ende mit der endgültigen Software durchgeführt und kann künftige Versionen beeinflussen.

Der Begriff Software-Ergonomie wird heute weitgehend unter dem Begriff Mensch-Computer-Interaktion (bzw. Human-Computer Interaction, Computer-Human Interaction) subsumiert [Strauss et al. 2006]. Weitere, in der Regel dem Englischen entlehnte, populäre Begriffe wie Interaction Design oder User-Centred Design oder User Experience Design beziehen sich primär auf den benutzerzentrierten Entwurf. Diese Begrifflichkeiten tragen nicht zuletzt auch dem Umstand Rechnung, dass in einigen Bereichen die Software und Hardware sehr eng zusammenwachsen. Gerade im Bereich der Smartphones or Smartwatches ist das Zusammenspiel der Software- und Hardwarekomponenten eine wesentliche Voraussetzung für die leichte Bedienbarkeit des Gesamtsystems.


Literatur

Hammond, Judy ; Gross, Tom ; Wesson, Janet (Hrsg.): Usability: Gaining a Competitive Edge. Dordrecht: Kluwer Academic Publishers, 2002.

Herczeg, Michael: Software-Ergonomie: Theorien, Modelle und Kriterien für gebrauchstaugliche interaktive Computersysteme. München: Oldenbourg, 2009.

ISO/IEC. ISO 9241: Ergonomics of Human-System Interaction. International Organization for Standardization, http://www.iso.org/, 2006. (letzter Zugriff: 18.9.2016).

Norman, Donald A.: The Design of Everyday Things. New York: Doubleday/Currency, 1988.

Shneiderman, Ben ; Plaisant, Catherine ; Cohen, Maxine ; Jacobs, Steven: Designing the User Interface: Strategies for Effective Human-Computer Interaction. New York: Addison-Wesley, 2009.

Strauss, Friedrich ; Beck, Astrid ; Dahm, Markus ; Hamborg, Kai-Christoph ; Heers, Rainer ; Heinecke, Andreas M.: Curriculum für ein Basismodul zur Mensch-Computer-Interaktion der Fachgruppe Software-Ergonomie des Fachbereichs Mensch-Computer-Interaktion. Offizielle Empfehlung der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), http://www.gi-ev.de/fileadmin/redaktion/empfehlungen/GI-Empfehlung_MCI-Basismodul2006.pdf, 2006. (letzter Zugriff: 18.9.2016).

Hier weiterverbreiten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert