Hermann Krallmann, Matthias Trier
Im Rahmen der Workflow-Modellierung werden aus semi-formalen Geschäftsprozessmodellen der Fachebene automatisiert ausführbare Workflow-Spezifikationen erstellt. In diesem Prozess kommen zahlreiche Standards zum Einsatz, wie z.B. BPMN, XPDL oder WS-BPEL.
Workflow-Modellelemente
Geschäftsprozesse, als eine Folge logisch verbundener Aktivitäten, können durch ein Workflow-Management-System (WFMS) automatisiert ausgeführt werden (vgl. [Krallmann et al. 2007, S. 328ff.]). Ein Workflow ist dabei ein automatisiert ausführbarer Prozessablauf, welcher definiert, wie gemäß vorgegebener Regeln Dokumente, Informationen und Aktivitäten von einem Teilnehmer zu einem anderen Teilnehmer des Prozesses weitergegeben werden. Teilnehmer können Personen oder Systeme sein (vgl. auch [WfMC 1995]).
Solch ein Workflow kann als Petrinetz abstrakt und formal modelliert werden. Hierbei werden nach einem Auslöser (z.B. eine Benutzeraktion, ein Zeitpunkt, eine Nachricht) individuelle Fälle (z.B. einzelne Aufträge bzw. Geschäftsvorfälle) durch eine Abfolge von Aktivitäten geleitet. Das Vorliegen von Eingangsbedingungen (Stellen) bestimmt, wann welche Aktivitäten ausgeführt (geschaltet) werden. Deren Abwicklung (Transition) führt dann neue Bedingungen herbei, welche die Ausführung weiterer Aktivitäten bewirken.
Modellierung und Modellierungsstandards
Im Kontext der Wirtschaftsinformatik existieren spezielle Standards zur Modellierung von Workflows. Bei der Modellierung steht der Übergang von den wirtschaftlich motivierten Prozessmodellen der Fachebene zu technischen Modellen der Workflow-Ausführung im Mittelpunkt. Prozessmodelle sind semi-formal, diagramm-basiert (zur graphischen Anordnung), nicht direkt ausführbar und dienen in erster Linie der Erklärung und Visualisierung von Abläufen. Entsprechende Standards sind z.B. die ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) oder die Business Process Modeling Notation (BPMN). Ausführbare Workflows hingegen müssen exakt sein und eine präzise maschinengestützte Interpretation erlauben.
Entsprechend diesen zwei Ebenen vollzieht sich die Modellierung eines Workflows durch den Import bzw. die Übernahme eines Prozessmodells aus einem Prozessvisualisierungswerkzeug. Ein hierbei zum Einsatz kommender Standard ist die XML Process Definition Language (XPDL) der WfMC (vgl. auch Interface 1 des Workflow-Referenzmodells der WfMC, 1995). XPDL 2 ist dabei speziell auf die XML-basierte Repräsentation der primär graphisch formalisierten BPMN ausgerichtet.
In der Praxis hat neben XPDL die Web Services Business Process Execution Language (WS-BPEL bzw. kurz BPEL) der OASIS-Organisation große Bedeutung für die Workflow-Modellierung erlangt. BPEL ist auf den automatischen Aufruf von Web-Services (die dann wiederum auch externe Softwarekomponenten aufrufen können) spezialisiert, hat aber keine graphische festgelegte Notation.
Vorgehensbeispiel zur Workflow-Modellierung
BPMN/XPDL und BPEL werden als komplementär gesehen: während XPDL durch die XML-basierte Speicherung von BPMN-Modellen eher die Interoperabilität zwischen Prozessmodellierungswerkzeugen erhöht, ermöglicht BPEL die technische Ausführung der Prozesse (über Web-Services). Entsprechend kann die Modellierung von Workflows durch Werkzeuge unterstützt werden, die XPDL- (oder alternativ direkt BPMN-) Modelle importieren und anzeigen, technische Details zur automatisierten Ausführung aufnehmen und schließlich alles als BPEL-Datei veröffentlichen können.
Der erste Schritt zur Workflow-Modellierung ist die Identifikation geeigneter bestehender Softwaresysteme zur Unterstützung des vorliegenden Prozesses. Idealerweise existiert bei diesen bereits eine Web-Service-Schnittstelle zum externen Aufruf der Software. Ansonsten muss ein geeigneter Web-Service zum Durchgriff auf die API des Systems entwickelt werden. Die technischen Parameter der Web-Services (der auszuführenden Softwareapplikationen) müssen als formalisierte (WSDL-) Beschreibung an der entsprechenden Stelle im Prozessmodell hinterlegt werden. Da jede Interaktion mit einem Web-Service auf einem Datenaustausch (meist über SOAP) basiert, ist die Definition eines prozessweiten Datenschemas (Datenstruktur) im Rahmen der Workflow-Modellierung sinnvoll. Weiterhin muss die meist im fachlichen Prozessmodell nicht enthaltene Fehler- und Transaktionsbehandlung modelliert werden. Zur Abwicklung benutzerbezogener Aktivitäten im Prozess werden ein Rollenmodell mit den späteren Benutzern und die zur Laufzeit der Prozessinstanz zu erstellenden Formulare zur Benutzerinteraktion modelliert. Für derartige Interaktionen mit und zwischen Benutzern existiert inzwischen auch die spezielle WS-BPEL Extension for People (bzw. kurz BPEL4People).
Nachdem diese Spezifikationen im Rahmen der Workflow-Modellierung gemacht wurden, ist das ursprüngliche Prozessmodell hinreichend erweitert, um den Geschäftsablauf automatisiert von einer Workflow Engine, dem technischen Kern eines Workflow-Management-Systems, abarbeiten zu lassen.
Literatur
Krallmann, Hermann ; Schönherr, Marten ; Trier, Matthias : Systemanalyse im Unternehmen. 5. Auflage. München : Oldenbourg, 2007.
WfMC: The Workflow Reference Model. Document Number WfMC TC00-1003, 1995. http://www.wfmc.org/ standards/docs/tc003v11.pdf (Abruf 24.1.2007).