Bibtex

@InCollection{,
  Year    = "2019", 
  Title    = "enhanced Telecom Operations Map (eTOM)", 
  Author    = "Bensberg, Prof. Dr. FrankCzarnecki, Prof. Dr.-Ing. Christian", 
  Booktitle    = "Gronau, Norbert ; Becker, Jörg ; Kliewer, Natalia ; Leimeister, Jan Marco ; Overhage, Sven (Herausgeber): Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik – Online-Lexikon",
  Publisher    = "Berlin : GITO",
  Url    = "https://wi-lex.de/index.php/lexikon/informations-daten-und-wissensmanagement/grundlagen-der-informationsversorgung/enhanced-telecom-operations-map-etom/", 
  Note    = "[Online; Stand 21. November 2024]",
}

enhanced Telecom Operations Map (eTOM)


Dieser Beitrag liefert einen Überblick über die enhanced Telecom Operations Map (eTOM), die vom TM Forum als Referenzprozessmodell für die Telekommunikationsindustrie entwickelt wird.

Positionsbestimmung und Überblick

Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarkts hat dazu geführt, dass dieser Sektor einen gravierenden Transformationsprozess durchläuft [Fuß 2010, S. 71 ff.]. Neben der zunehmenden Wettbewerbsintensität hat auch der anhaltende technologische Fortschritt dazu beigetragen, dass Margen in Telekommunikationsmärkten kontinuierlich sinken und hoher Kostendruck besteht. Der Betrieb von Kommunikationsnetzen zur technischen Informationsübertragung rückt im Vergleich zu Anbietern von Inhalten und Anwendungen immer mehr in den Hintergrund [Czarnecki, Dietze 2018, S. 17 ff.]. Teilweise bieten sogenannte Over-the-Top-Anbieter (OTT-Anbieter) Konkurrenzprodukte ohne eigene Netzinfrastruktur an, wie z. B. die Verdrängung des Short Messaging Service (SMS) durch WhatsApp zeigt. Insofern stehen Telekommunikationsdienstleister vor der Herausforderung, zur Erfüllung der Kundenanforderungen im Rahmen von Dienstleistungsnetzwerken eng zusammenzuarbeiten und zur Senkung der Transaktionskosten auf gemeinsame, möglichst standardisierte Prozesse zurückzugreifen.

“The purpose of the eTOM framework is to continue to set a vision for the industry to compete successfully through the implementation of business-process driven approaches to managing the enterprise.” [ITU 2007a, S. 9]

Zur Identifikation und Systematisierung relevanter Prozesse von Telekommunikationsdienstleistern hat die enhanced Telecom Operations Map (eTOM) weite Verbreitung gefunden. Dabei handelt es sich um ein Referenzprozessmodell, das vom TM Forum als Verband der Telekommunikationsindustrie entwickelt wird [Kelly 2003, S. 109 ff.]. Die relevanten Prozesse werden auf unterschiedlichen Hierarchieebenen definiert und konkretisiert [ITU 2007b, S. 3 ff.]. Auf der obersten Abstraktionsebene liefert eTOM den in Abb. 1 dargestellten Ordnungsrahmen.

Abb. 1: Ordnungsrahmen von eTOM (Level 0-1) [ITU 2007a, S. 12]

eTOM unterscheidet drei Hauptprozessgruppen [Alpar et al. 2019, S. 252 ff.]:

  • Strategische Entwicklungsprozesse (Strategy, Infrastructure & Product),
  • Operative Prozesse des Betriebs (Operations), und
  • Managementprozesse (Enterprise Management).

Strategy, Infrastructure & Product

Die erste Hauptprozessgruppe hat solche Tätigkeiten zum Gegenstand, die zur lebenszyklusübergreifenden Entwicklung und Ausrichtung von Strategien, Infrastrukturen sowie Produkten dienen (Strategy, Infrastructure & Product, SIP). Somit werden hier die strategischen, kommerziellen und technischen Voraussetzungen zum Betrieb von Kommunikationsprodukten geschaffen. Dieser Bereich wird vertikal in unterschiedliche Ebenen gegliedert, die sich auf Phasen der Wertschöpfung vom Lieferanten bis hin zum Kunden beziehen:

  • Die unterste Ebene umfasst den strategischen Einkauf bzw. die Beschaffung notwendiger Ressourcen (Supply Chain Development & Management).
  • Die beschafften Ressourcen fließen der Unternehmung zu und werden als Komponenten zum Aufbau von Kommunikationsnetzen eingesetzt (Resource Development & Management).
  • Im Bereich Service Development & Management findet die Entwicklung von Services statt, die als funktionelle Einheiten zur Abdeckung von Kundenanforderungen dienen (z. B. Internetzugänge, Telefonanschlüsse und E-Mail-Konten).
  • Auf der Ebene Marketing & Offer Management werden die Services schließlich zu Produkten gebündelt und als Leistungsangebote am Markt platziert.

Operations

Diese vertikale Gliederung wird auch in der Hauptprozessgruppe Operations berücksichtigt. Gegenstand dieser Gruppe sind die operativen, kundengerichteten Prozesse der Leistungserstellung, deren inhaltlich-funktionalen Schwerpunkte in der horizontalen Struktur zum Ausdruck gelangen. Neben Supportaktivitäten (Operations Support & Readiness, OSR) gehören hierzu vor allem Prozesse zur Bereitstellung (Fulfillment), Qualitätssicherung (Assurance) und Fakturierung (Billing). Diese drei Prozessbereiche bilden die sog. FAB-Prozesse, die direkt mit dem Kunden interagieren und im operativen Geschäft von Telekommunikationsdienstleistern von erheblicher ökonomischer Bedeutung sind. Wichtiger Input für die Operations-Prozesse sind die Ressourcen, Services und Produkte aus der vorangegangenen Hauptprozessgruppe SIP.

Enterprise Management

Die Hauptprozessgruppe Enterprise Management umfasst Tätigkeiten, die generell zur Führung und Administration eines Unternehmens erforderlich sind. Hierzu gehören einerseits übergeordnete Prozesse, wie z. B. die strategische Unternehmensplanung und -entwicklung (Strategic & Enterprise Planning), sowie Unterstützungsprozesse (z. B. Human Resources Management, Financial & Asset Management), die im Gegensatz zu den ersten beiden Hauptprozessgruppen nicht als industriespezifisch anzusehen sind.

Anwendung und Diskussion

eTOM ist in der Telekommunikationsindustrie als Standard anerkannt und wird von der International Telecommunication Union (ITU) in der Empfehlung M.3050 bestätigt [ITU 2007a; ITU 2007b]. Die Nutzung in der Praxis ist durch eine Vielzahl an Fallbeispielen dokumentiert [Czarnecki 2018, S. 57 ff.; Czarnecki, Dietze 2018, S. 231 ff.]. Empirische Befunde deuten darauf hin, dass das eTOM-Referenzmodell im Rahmen von Transformationsprojekten in der Telekommunikationsindustrie stark selektiv genutzt wird [Czarnecki 2013, S. 81 ff.]. Im Kern basiert eTOM auf einer hierarchischen Sammlung von Prozessdefinitionen, deren Anwendung eine Auswahl und Anpassung im Hinblick auf das konkrete Unternehmen erfordern. Für eine konsistente Umsetzung wurde eine Erweiterung von eTOM um Referenzprozessabläufe als Empfehlung aufgenommen [Czarnecki, Winkelmann, Spiliopoulou 2013, S. 90 ff.]. Neben der Verbesserung und Standardisierung von Prozessen liegt der Vorteil von eTOM in der Verbreitung bei industriespezifischen Softwareprodukten [Kelly 2003, S. 111].

eTOM wird durch eine dedizierte Arbeitsgruppe des TM Forums kontinuierlich weiterentwickelt, wobei diese Entwicklung u. a. auf der Konsensbildung unterschiedlicher Anbieter entlang der Wertschöpfung der Telekommunikationsindustrie basiert. In der aktuellen Version von eTOM wird eine weitere Differenzierung der vertikalen Prozessgruppen in Markt, Produkt und Kunde vorgeschlagen. Als Basis für diesen Artikel dient die in der ITU-Empfehlung veröffentlichte eTOM-Version.

Darüber hinaus bietet das TM Forum das Referenzdatenmodell Shared Information & Data Model (SID) und das Referenzapplikationsmodell Telecom Applications Map (TAM) an, die beide über die Prozesssicht von eTOM verknüpft sind [Czarnecki 2013,  54 ff.]. Grundlegende Struktur bei allen drei Referenzmodellen ist die konsequente Differenzierung in Ressourcen, Services und Produkte, mit dem Ziel die technische Infrastruktur (Ressourcen) von der kommerziellen Produktdefinition zu entkoppeln [Czarnecki, Dietze 2018, S. 174 ff.].

Literatur

Alpar, Paul; Alt, Rainer; Bensberg, Frank; Weimann, Peter: Anwendungsorientierte Wirtschaftsinformatik – Strategische Planung, Entwicklung und Nutzung von Informationssystemen. 9. Aufl., Wiesbaden : Springer Vieweg, 2019.

Czarnecki, Christian: Entwicklung einer referenzmodellbasierten Unternehmensarchitektur für die Telekommunikationsindustrie, Berlin : Logos, 2013.

Czarnecki, Christian: Establishment of a Central Process Governance Organization combined with Operational Process Improvements. In: vom Brocke, Jan; Mendling, Jan (Hrsg.): Business Process Management Cases. Cham: Springer International Publishing, 2018.

Czarnecki, Christian; Dietze, Christian: Reference Architecture for the Telecommunications Industry: Transformation of Strategy, Organization, Processes, Data, and Applications. Cham: Springer International Publishing, 2018.

Czarnecki, Christian; Winkelmann, Axel; Spiliopoulou, Myra: Referenzprozessabläufe für Telekommunikationsunternehmen: Eine Erweiterung des eTOM-Modells. Wirtschaftsinformatik, 2013. S. 83–97.

Fuß, Friedrich: Die Kunden, die Kultur und die Kontinuität – Über eine der größten Transformationen in der Telekommunikationsindustrie. In: Mohr, Nikolaus; Büning, Norbert; Hess, Ursula; Fröbel, Anna Maria (Hrsg.): Herausforderung Transformation – Theorie und Praxis. Berlin, Heidelberg: Springer, 2010, S. 71-84.

ITU (2007a): Enhanced Telecom Operations Map (eTOM) – The business process framework: ITU-T Recommendation M.3050.1. http://www.itu.int/rec/T-REC-M.3050.1-200703-I/en (Abruf 2016-10-07).

ITU (2007b): Enhanced Telecom Operations Map (eTOM) – Process decompositions and descriptions: ITU-T Recommendation M.3050.2. http://www.itu.int/rec/T-REC-M.3050.2-200703-I/en (Abruf 2016-10-07).

Kelly, Michael B.: The TeleManagement Forum’s Enhanced Telecom Operations Map (eTOM). Journal of Network and Systems Management, 2003. S. 109–119.

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