Zur Unterstützung der verschiedenen Akteure (z. B. Reiseveranstalter, Fluggesellschaften, Hotels, Reisende) in der Tourismusbranche haben sich verschiedene Anwendungssysteme etabliert. Hiezu zählen sowohl Reservierungs- und Buchungssysteme als auch (lokale) Beratungs- und Auskunftssysteme.
Die Anwendung von Informationssystemen in der Tourismus- und Reiseindustrie führte zu wesentlichen strukturellen Änderungen in dieser Industrie und zu neuen Kunden-Anbieter Beziehungen. Gleichzeitig stellt aber auch diese Industrie einen der wichtigsten Sektoren sowohl im Web/Internet als auch im E-Commerce dar. Diese beiden Gegebenheiten lassen sich aus der Eigenschaft dieser Industrie erklären:
- Die Industrie ist hoch vernetzt – bereits das Produkt (Package) stellt ein Bündel von einzelnen Komponenten dar, das von unterschiedlichen Anbietern zur Verfügung gestellt und von Zwischenhändlern aggregiert wird.
- Sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite sind weltweit verteilt, die physischen und virtuellen Netzwerke des Tourismus ermöglichen globales Reisen (damit kann man sie auch als Globalisierungsindustrie bezeichnen).
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Diese Industrie hat eine große ökonomische Bedeutung, sie ist eine der ökonomisch wichtigsten Industrien weltweit. Gleichzeitig ist sie auch sehr klein-strukturiert, in der EU sind z. B. ca. 95% des “HoReCa“ Sektors (Hotels, Restaurants, und Catering) sehr klein (1 bis 9 Beschäftigte).
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Tourismusprodukte sind verderbliche Güter; wenn sie nicht bis zu ihrem Verbrauchsdatum benutzt werden, verfallen sie. Dies erklärt die Bedeutung von Yield Management Systemen mit damit zusammenhängenden Preisoptimierungen.
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Letztendlich ist der Tourismus ein Informationsgeschäft [Werthner und Klein, 1999]. Das Tourismusprodukt (Service) ist ein Vertrauensgut, seine Qualität kann nicht a priori vollständig bewertet werden. Zum Zeitpunkt der Entscheidung steht dem Konsumenten nur die Information bezüglich des Services zur Verfügung. Dies erfordert auf beiden Seiten (der des Konsumenten als auch des Anbieters) hohe Informationskosten, und führte auch zu relativ langen Wertschöpfungsketten, entlang derer eigentlich nur Information fließt und verarbeitet wird.
Diese Eigenschaften erklären die Bedeutung von Informationssystemen im Tourismus, wobei bereits historisch (in der 60er Jahren) dieser Sektor mit seinen CRS / GDS (Computerized Reservation Systems / Global Distribution Systems) die ersten weltweiten privaten Informationsnetzwerke schaffte. Diese Systeme waren auch eine der Voraussetzungen für den Massentourismus.
Anwendungen von Informationssystemen decken alle funktionalen Bereiche der Unternehmen (von Einkauf über Planung und Produktion bis zum Verkauf) und alle Sparten der Industrie (Anbieter wie Hotels oder Fluglinien, Zwischenhändler wie Reisebüros und Reiseveranstalter) ab. Gleichzeitig sind diese Systeme meist auch „industrieweit“ vernetzt und dienen daher sowohl dem Austausch von Information mit anderen Unternehmungen als auch der Interaktion mit dem Endkunden und dem Marketing.
Bezüglich der Anwendungen des Internet/Web und E-Commerce kann man festhalten, dass hier neue Marktteilnehmer (wie Expedia, Travelocity, oder auch priceline) die Vorreiterrolle spielten und die etablierten Unternehmen wie Reiseveranstalter und Reisebüros eine zögerliche Rolle einnahmen. Danach reagierten sie aber mit einer Strategie des „Competitive Response“, und verfolg(t)en einen Multi Channel Ansatz. Als Resultat kann man eine neue Netzwerk- bzw. Marktstruktur beobachten, mit einem Einhergehen eines Konsolidierungsprozesses (hier zeigt sich sehr gut das generell Phänomen des “Winner takes it all”). Gleichzeitig gibt es weitere Differenzierungen und Spezialisierungen mit erfolgreichen Nischenspielern (z. B. war der Tourismus eine der ersten Industrien mit Community und Rating Sites – siehe Tripadvisor).
Die Bedeutung von IT im Tourismus führte auch zum Entstehen einer wissenschaftlichen Gemeinschaft (siehe z. B. www.ifitt.org), mit eigenen Konferenzen und Zeitschriften. Dabei kann man in der wissenschaftlichen Diskussion im Wesentlichen drei Gebiete unterscheiden: Konsumenten- und Nachfragedimension, technische Aspekte und Innovationen, und betriebliche bzw. marktspezifische Funktionen und Änderungen.
Literatur
Buhalis, D.; Law, R.: Progress in information technology and tourism management: 20 years on and 10 years after the Internet – The state of eTourism research. In: Tourism Management 4 (2008), S. 609-623.
Werthner, H.; Klein, S.: Information Technology and Tourism: A Challenging Relationship. Wien, New York : Springer, 1999