Die angemessene Analyse des Informationsbedarfs ist ein Erfolgsfaktor für die Informationsversorgung. Ein auf Referenzmodellen basierendes Vorgehen bietet dabei verschiedene Vorteile: Es unterstützt die Standardisierung der Abläufe und ermöglicht eine schnellere Bereitstellung, der für eine Entscheidung erforderlichen Informationen.
Ziele und Aufgaben eines referenzmodellbasierten Vorgehens
Entscheider sind sich oftmals nicht darüber im Klaren, über welches Wissen sie nicht verfügen und welches Wissen sie zusätzlich benötigen. Dieser Umstand führt dazu, dass der Informationsbedarf in der Regel nicht klar und umfassend formuliert werden kann. Mit Hilfe der Informationsbedarfsanalyse wird dieser systematisch erhoben und so strukturiert, dass die erforderlichen Daten zur Verfügung stehen. Der Vorgang erfolgt idealerweise standardisiert und damit nachvollziehbar, um diesen zu einem späteren Zeitpunkt ggf. replizieren zu können. Das erleichtert die Vergleichbarkeit der Ergebnisse, die Beurteilung der Analysequalität, die nachvollziehbare Änderbarkeit der Analysedimensionen und führt zudem zu einer wesentlich kürzeren Bearbeitungszeit, weil das Verfahren nicht bei jeder Analyse neu entwickelt werden muss. Ein Referenzmodell ist eine Abbildung von verschiedenen Ausschnitten der Realwelt, die nach bestimmten Kriterien geordnet sind und dabei zu einer bestimmten Kategorie (z. B. zu einer Branche) oder zu einer bestimmten Aufgabenstellung (z. B. Architekturmodellierung) gehören [Fettke, Loos 2004, S. 332-333]. Damit erfüllen Referenzmodelle die Aufgabe der Standardisierung, mit dem primären Ziel, die Qualitätssicherung der Informationsbedarfsanalyse und der Sicherstellung der Informationslogistik, im Sinne einer wirtschaftlichen Informationsversorgung zu gewährleisten.
Aufgaben, die sich daraus ableiten, sind
- die Auswahl des für das Entscheidungsproblem und den Entscheider geeigneten Referenzmodells,
- die Definition von Standards, die für das jeweilige Modell im individuellen Kontext des Unternehmens Anwendung finden sollen, sowie
- die Bewertung und Qualitätssicherung der Analyseergebnisse.
Der Begriff der Qualität bezieht sich hierbei auf die Einhaltung der Standards, die Vergleichbarkeit der Analyseergebnisse, die Nachvollziehbarkeit von Anpassungen und die Durchlaufzeit des Analyseprozesses.
Referenzmodelle für die Informationslogistik
Für die Informationslogistik existieren verschiedene Referenzmodelle, die auch in der Praxis vielfach zum Einsatz kommen. Exemplarisch werden zwei Modelle vorgestellt: das Modell der kritischen Erfolgsfaktoren und das Comprehensive Decision Model (CDM).
„They are the few key areas, where things must go right for the business to flourish.”
[Rockart 1979, S. 85]
Das Modell der kritischen Erfolgsfaktoren (Critical Success Factors (CSF)) wurde von Rockart [1979, S. 81-92] entwickelt und bestimmt den Informationsbedarf von Führungskräften. Kritische Erfolgsfaktoren sind die Führungsgrößen im Unternehmen, die auf jeden Fall beobachtet und zielorientiert gesteuert werden müssen, damit das Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt. Das beschränkt sich in der Regel auf wenige Faktoren, die durch die Struktur des Unternehmens, Struktur der Branche, die marktlichen Rahmenbedingungen und die eingesetzten Wettbewerbsstrategien sowie weitere Umfeldfaktoren bestimmt werden. Der Informationsbedarf der Führungskräfte definiert sich auf Grundlage dieser erhobenen Faktoren.
Ein weiteres Referenzmodell ist das Comprehensive Decision Model (CDM) [Baumöl 2007, S. 73-74]. Das Ziel des Modells ist es, die Informationslogistik für die Entscheidungsprozesse im Unternehmen zu systematisieren. Der Informationsbedarf wird einerseits durch den Entscheider und andererseits durch die Organisation definiert. Der „Akteur“ formuliert für eine Entscheidung seinen subjektiven Informationsbedarf, der durch verschiedene Einflussfaktoren, wie z. B. Ausbildung, Erfahrung und Lerntyp, bestimmt ist. Die „Organisation“ beeinflusst mit ihren Strukturen, z. B. des eingesetzten Führungs- bzw. Kennzahlensystems, den Informationsbedarf. Durch die Organisationsstruktur werden gleichzeitig Restriktionen für die Optionen zur Erhebung des Informationsbedarfs gesetzt. Um die Gewährleistung der Informationsversorgung und damit die Deckung des Informationsbedarfs sicherzustellen, ist noch eine dritte Dimension, die der „Applikationen“ enthalten. Sie dienen als technische Grundlage für die adressatenorientierte Datensammlung und -aufbereitung und die Basis für die Deckung des Informationsbedarfs. Die Dimensionen „Akteur“ und „Organisation“ werden beispielsweise durch den Führungsstil des Akteurs sowie durch die vorgegebene Leitungsspanne oder die in der Organisation entstehenden Gruppenprozesse verbunden, die den Informationsbedarf beeinflussen. Auf Basis dieser beiden Dimensionen werden Anforderungen an die Applikationen gestellt. Nur das Zusammenspiel aller drei Dimensionen führt zu einer zielgerichteten und wirtschaftlichen Bedienung des Informationsbedarfs durch eine ganzheitliche Informationslogistik.
Abb. 1: Dimensionen des Comprehensive Decision Model
Der Einsatz von Referenzmodellen für die Abbildung und Systematisierung des Informationsbedarfs ist ein wichtiger Schritt für die Standardisierung und damit die Nachvollziehbarkeit sowie die Effizienz des Erhebungsprozesses.
Literatur
Baumöl, Ulrike: Business-IT-Alignment durch Projektportfolio-Management und -Controlling. In: HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik, 44 (2007) 254, 2007, S. 71-81.
Fettke, Peter; Loos, Peter: Referenzmodellierungsforschung. In: Wirtschaftsinformatik, 46 (2004) 5, S. 331-340.
Rockart, John F.: Chief executives define their own information needs. In: Harvard Business Review, March/April 1975, S. 81-92.