Prozessorientiertes InformationsmanagementDer Begriff „Prozessorientiertes Informationsmanagement“ bezieht sich zum einen auf die Unterstützung der Geschäftsprozesse durch das Informationsmanagement und zum anderen auf den Prozess der Leistungserstellung als Serviceunterstützungsprozess. Beide Facetten werden in diesem Beitrag beleuchtet. EinordnungDer Ansatz des prozessorientierten Informationsmanagements verfolgt das Ziel, die Informationsinfrastruktur im Unternehmen auf die konsequente Unterstützung der Geschäftsprozesse auszurichten [Heinrich 2005, S. 9]. Damit wird das Informationsmanagement zu einem wesentlichen Bestandteil des Prozessmanagements [Schwarzer 1995, S. 33]. Neben dieser Auffassung hat sich ein weiteres Verständnis von prozessorientiertem Informationsmanagement herausgebildet, nämlich die Fokussierung auf den Leistungserstellungsprozess des Informationsmanagements [Rehäuser 2000, S. 193]. Dieser wird als Serviceunterstützungsprozess eigenständiges Gestaltungsobjekt des Prozessmanagements. Beide Ansätze werden im Folgenden getrennt behandelt. Ausrichtung des Informationsmanagements an den GeschäftsprozessenDas Informationsmanagement (IM) hat die Aufgabe, die Durchführung der Geschäftsprozesse im Unternehmen und mit Partnern (Lieferanten, Kunden) optimal zu unterstützen. Ausgangspunkt für die Aufgaben und die Gestaltung des IM sind somit die Prozesse, wie sie im Rahmen des Geschäftsprozessmanagements definiert und laufend verbessert werden. Für die Erfüllung der Aufgaben im Geschäftsprozess müssen die Informationen zur richtigen Zeit im richtigen Zusammenhang beim richtigen Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Die Gestaltung der Prozesse erfolgt in Abstimmung oder Kombination mit dem IT-Einsatz, denn die Prozesse werden zwar in erster Linie durch die strategischen und operativen Ziele sowie die Anforderungen des Kunden bestimmt, aber die eingesetzten betrieblichen Anwendungssysteme nehmen oftmals bestimmenden Einfluss auf die Abläufe. Im Rahmen des Geschäftsprozessmanagements sind planerische, steuernde und kontrollierende Maßnahmen zur Optimierung der Wertschöpfungskette zu bestimmen. Dem IM kommt einerseits die Aufgabe zu, die aus den Anwendungssystemen resultierenden Anforderungen an die Abläufe in den Gestaltungsprozess einzubringen und andererseits die definierten Prozesse in der gewünschten Form in den Systemen abzubilden. Damit trägt das IM wesentlich zur Implementierung bei. Das IM leistet auch einen Beitrag zur kontinuierlichen Verbesserung der Geschäftsprozesse, denn dadurch dass das IM aktuelle, technische Entwicklungen bei den Anwendungssystemen beobachtet und im Unternehmen einbringt, wirkt es als Wegbereiter für neue Geschäftslösungen (IT als Enabler [Meyer, Zarnekow, Kolbe 2003, S. 446]). Aufgaben des prozessorientiertes InformationsmanagementZu den klassischen Aufgaben des IM zählen – kurz gefasst- die Planung, Entwicklung bzw. Auswahl und der Betrieb von Informationssystemen. Diese ändern sich prinzipiell nicht, doch sind sie prozessorientiert auszurichten:
Bedingungen für ein prozessorientiertes InformationsmanagementFür die Gestaltung eines prozessorientierten IM ist zur unternehmensweiten Durchsetzung die aktive Unterstützung der Geschäftsleitung notwendig. Außerdem ist für eine erfolgreiche Ausführung der IM-Aufgaben in prozessorientierten Unternehmen mehr denn je die Akzeptanz der Mitarbeiter in den Fachbereichen erforderlich. Die Mitarbeiter im IM benötigen im verstärktem Maße neben dem technischen Know-how betriebswirtschaftliche Kenntnisse, da sie die Prozesse verstehen müssen. Außerdem ist die Aufbauorganisation des IM an die prozessorientierte Struktur des Unternehmens anzupassen [Schwarzer 1995, S. 37]. IT Prozess-ManagementProzessorientiertes Informationsmanagement bedeutet auch die Ausrichtung der Leistungserstellung des IM am Prozessgedanken [Rehäuser 2000, S. 193] und ist die logische Konsequenz aus der organisatorischen Anpassung an die Prozessorientierung des Unternehmens. Es handelt sich um einen Serviceunterstützungsprozess, dessen Gestaltung durch das IT-Servicemanagement erfolgt und eine Hauptaufgabe der IT-Governance darstellt. Das IT-Servicemanagement plant, überwacht, und steuert alle IT-Prozesse. Diese sind so auszurichten, dass die IT-Services die Anforderungen des Unternehmens und seiner Kunden mit hoher Qualität erfüllen [Heinrich 2005, S. 290]. Die IT-Services dienen zum einen der Unterstützung der Geschäftsprozesse im oben definierten Sinne. Zum anderen müssen durch die IT-Services die Verfügbarkeit und Sicherheit der Informationsinfrastruktur garantiert werden. Für die Gestaltung der IT-Governance und speziell des IT-Servicemanagements sind Referenzmodelle entwickelt worden, die als Leitlinie und Handlungsempfehlung gelten können. Als de-facto-Standards haben sich ITIL und COBIT herauskristallisiert. Sie stellen Ansätze für ein prozessorientiertes Management dar. ITIL beschreibt best practices für die Prozesse der Leistungserstellung (service delivery) und der Leistungsunterstützung (service support) [Krcmar 2005, S. 39]. Sie sind als Guidelines für die Implementierung des IT-Servicemanagements konzipiert und beschreiben was zu tun ist. Die konkrete Umsetzung hat unternehmensspezifisch zu erfolgen [Buchsein 2007, S. 11]. Die Orientierung der IT-Prozesse im Unternehmen an diesem Rahmenwerk dient vor allem der Qualitätsverbesserung und Erhöhung der Wirtschaftlichkeit. Im Prozessmodell von COBIT werden 34 Prozesse definiert und detaillierte Kontrollziele beschrieben, mit denen die Erfüllung der Geschäftsziele kontrolliert werden kann. Das COBIT-Modell beinhaltet außerdem ein Reifegradmodell, mit dessen Hilfe den Prozessen im Unternehmen ein Reifegrad zugeordnet werden kann. Daraus können Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität abgeleitet werden [Meyer, Zarnekow, Kolbe 2003, S. 448]. COBIT stellt Kennzahlen und Metriken zur Unterstützung der IT-Revision zur Verfügung [Heinrich 2005, S. 294] und dient damit auch der Einhaltung der IT-Compliance-Anforderungen. Ein erfolgreiches IT-Servicemanagement setzt entsprechende organisatorische Regelungen und die Festlegung von Rollen im Prozessmanagement voraus. Beispielsweise werden durch die ITIL best practices folgende Rollen empfohlen [Buchsein 2007, S. 109 ff]:
COBIT gliedert die Kennzahlen in Key Goal Indicators (KGI), die die Effektivität messen und Key Performance Indicators (KPI), die der Messung der Leistungsfähigkeit des Prozesses dienen, also die Effizienz fokussieren. Für die Entwicklung von Kennzahlensystemen ist die Balanced Scorecard (BSC) hilfreich, da sie nicht nur finanzwirtschaftliche Kennzahlen verwendet, sondern durch die Perspektiven Finanzen, interne Prozesse, Lernen und Entwicklung sowie Kunden einen ganzheitlichen Blick auf die Umsetzung der Geschäftsstrategien erlaubt. Der Zielwert der Kennzahl wird einmal bestimmt, unterliegt aber einer laufenden Revision. In der Folge sind die Datenquelle, die Berechnungsmethode und die Erhebungsfrequenz festzulegen. Nach diesen Vorgaben werden die Kennzahlen erhoben, den Zielwerten gegenüber gestellt und den entsprechenden Managementebenen präsentiert [Buchsein 2007, S. 131f.], wobei wiederum der Einsatz eines Business Intelligence-Tools zu empfehlen ist. Zwar sind verschiedene Kennzahlensysteme für IT-Prozesse prototypisch ausgearbeitet worden, doch sind letztendlich die Kennzahlen immer unternehmensspezifisch festzusetzen. Sie sind zweckgerichtet und dienen der laufenden Steuerung des IT-Servicemanagement und der kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse im IM. LiteraturBuchsein, Ralf, et. al.: IT-Management Mit ITIL® V3. Wiesbaden: Vieweg 2007. Heinrich, Lutz J.; Lehner, Franz: Informationsmanagement. 8. Auflage. München: Oldenbourg, 2005. Krcmar, Helmut: Informationsmanagement. 4. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York: Springer, 2005. Rehäuser, Jakob: Prozeßorientiertes Informationsmanagement-Benchmarking. 2000. http://www.winfobase.de/lehrstuhl/publikat.nsf/intern01/47B319613B56551C412569D000436F28/$FILE/2000-28.pdf (Abruf 13.08.2008) Meyer, Matthias; Zarnekow, Rüdiger; Kolbe, Lutz M.: IT-Governance. Begriff, Status quo und Bedeutung. In: Wirtschaftsinformatik, Jg. 45 (2003), S. 445 – 448. Schwarzer, Bettina: Prozeßorientiertes Informationsmanagement in multinationalen Unternehmen. Eine empirische Untersuchung in der Pharmaindustrie. Wiesbaden: Gabler, 1994. Schwarzer, Bettina; Krcmar, Helmut: Zur Prozeßorientierung des Informationsmanagements. In: Wirtschaftsinformatik, Jg. 37 (1995), Nr. 1, S. 33 – 39. Autor![]() Prof. Dr. Herrad Schmidt, Universität Siegen, Institut für Wirtschaftsinformatik, FB Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht, Hölderlinstr. 3, 57076 Siegen |